Mit ‘Jahreslisten’ getaggte Beiträge

Jahresbestenliste 2017

Veröffentlicht: 29. Dezember 2017 in Film
Schlagwörter:,
Siebzehn

Abb.: Salzgeber

Im Gegensatz zu anderen Gleichaltrigen in meinem Bekanntenkreis war ich dann dieses Jahr im Durchschnitt doch wieder etwa eineinhalb Mal im Kino. Davon ganz gegen meine Gewohnheit in fünf mehr oder weniger als Blockbuster angelegten Spektakelfilmen, von denen ich vier sogar gut fand. Zwei davon haben es auch in meine Top 5 geschafft:

5. Aus dem Nichts (Fatih Akin, D)

Meine persönliche Akin-Serie reißt nicht ab, auch nach seinem neuesten habe ich noch keinen schlechten Film von ihm gesehen. Dieser ist über weite Teile fast minimalistisch inszeniert mit langen Sequenzen, die nur im Gerichtssaal oder im Haus der Hauptfigur spielen. Die Hinterbliebene eines rassistischen Bombenattentats kommt einem dabei ganz nahe, so dass man ihre grenzenlose Verzweiflung fast nachfühlen kann. Diane Kruger erweist sich als erstaunlich gute Schauspielerin, die den Film fast alleine trägt.

4. Wonder Woman (Patty Jenkins, USA)

Ich hatte nach den euphorischen Kritiken noch etwas mehr erwartet, bis auf den etwas überflüssigen Endkampf ist DC/Warner hier aber tatsächlich ein fast makelloser Superheldenfilm gelungen. Neben der fantastischen Hauptdarstellerin Gal Gadot, die Humor und Stärke gleichermaßen einbringt, ist das vor allem dem ungewohnten Setting zu verdanken: die idyllische Fantasywelt der Amazoneninsel und im Kontrast dazu das Elend des Ersten Weltkriegs. Und die Chemie zwischen Gadot und Chris Pine hat schon Screwball-Qualität.

3. Valerian und die Stadt der tausend Planeten (Luc Besson, F)

Frankreichs Antwort auf Star Wars zeigt, wie viel Spaß eine effektgeladene Space Opera machen kann, wenn man das Ganze nicht so ernst nimmt. Als Kenner der Comicvorlage hatte ich im Vorfeld arge Bedenken, vor allem wegen Luc Besson, dessen Filme ich immer von sehr schwankender Qualität fand. Bis auf die etwas zu oberflächlichen Dialoge machte er bei diesem Herzensprojekt aber alles richtig. Die fantastischen Welten sehen auch fantastisch aus, mir gefiel diese kindliche Freude am hemmungslosen Fabulieren und zum Schluss gibt es sogar noch überzeugende Sozialkritik, wie man sie auch immer in den Comics fand.

2. Körper und Seele (Ildikó Enyedi, H)

Eine ruhige, poetische Liebesgeschichte zwischen zwei unsicheren Seelen, einfühlsam und mit leisem Humor erzählt. Dazu wunderschöne Bilder von Hirschen, Wald und Gebirgssee, die das Innenleben der Figuren spiegeln. Alexandra Borbély hat für ihre Rolle völlig zu Recht den Europäischen Filmpreis als beste Darstellerin bekommen.

1.Siebzehn (Monja Art, A)

Ein großartiger Coming-of-Age-Film aus der österreichischen Provinz. Mühelos fließt der Schnitt von Figur zu Figur des großen Ensembles, von Dialog zu Dialog, und irgendwie kreist doch alles um Paula (Elisabeth Wabitsch), die ratlos durch ihr Leben treibt und in die sich dennoch alle verlieben. Ihre Verwirrung, ihre Sehnsucht kann man auch als Über-40-Jähriger wunderbar nachvollziehen.

Jahresbestenliste 2016

Veröffentlicht: 31. Dezember 2016 in Film
Schlagwörter:,

Meine Kino-Top-5:

5. Tschick

Als einer der anscheinend wenigen Deutschen, die den Roman nicht gelesen haben, konnte ich an der Verfilmung überhaupt nichts Negatives finden. Ein ebenso vergnüglicher wie an manchen Stellen berührender Road Trip mit drei tollen Hauptdarstellern – und ich konnte mich so gut in den erzählenden Teenager hineinversetzen. Damit bleibt die Serie ungebrochen, dass Fatih Akin in meinen Augen noch keinen schlechten Film gemacht hat.

4. Wild

Eine Frau bricht aus ihrem tristen Alltag aus und lässt das, was wir Zivilisation nennen, Schritt für Schritt hinter sich. Ein mutiger, ein origineller, ein erfrischender Film von Nicolette Krebitz, der zeigt, wie deutsches Kino auch sein kann, wenn es sich mal an etwas Anderes herantraut als an Literatur- und Historienfilme oder Berliner Nabelschaubetrachtungen.

3. Sing Street

John Carney hat es einfach drauf, perfekte Musikfilme zu inszenieren. Diesmal hat er sich noch einmal selbst übertroffen, denn dieser Film über eine nicht gerade leichte Jugend im Dublin der 80er Jahre vereint Humor, Romantik, großartige Songs und Sozialkritik zu einer Mischung, bei der man ständig aufspringen und mittanzen möchte.

2. 24 Wochen

Noch ein deutscher Film,von Anne Zorah Berrached einfühlsam und ungemein berührend inszeniert. Als junge Mutter, die sich entscheiden muss, ob sie ihr behindertes und mit einem schweren Herzfehler geschlagenes Baby spätabtreiben oder doch zur Welt bringen will, feiert Julia Jentsch ein eindrucksvolles Comeback. Am Ende konnte ich mir die Tränen kaum verkneifen.

1.Room

Mutterliebe ist stärker als die grausamsten Lebensumstände und manchmal kann ein Raum die ganze Welt sein. Bei dieser Geschichte hätte der Film ganz leicht in Exploitation abrutschen können, tut dies dank der behutsamen Regie von Lenny Abrahamson aber nie. Brie Larson wurde für die Hauptrolle völlig zu Recht mit dem Oscar ausgezeichnet und ist auch meine Filmschauspielerin des Jahres.

Beste Regie: Nicolette Krebitz für „Wild“

Bestes Drehbuch: Emma Donoghue für „Room“

 

Jahresbestenliste 2015

Veröffentlicht: 19. Dezember 2015 in Film, TV
Schlagwörter:, ,

Das Kinojahr fing für mich ganz gut an, ließ dann stark nach und endete nach fünfmonatiger Kinopause doch noch versöhnlich. Meine Top 5:

1.Birdman (Alejandro González Inárritu, USA)

Das grandiose Comeback des Michael Keaton (als Batman-Darsteller eh völlig unterschätzt) in einem sehr dynamischen Film von Alejandro Inárritu, der ja sowieso nie schlecht ist.

2. Love (Gaspar Noé, F)

Noé geht es immer um das große Ganze, um den Widerstreit zwischen inneren Dämonen und dem Reinen, Wahren, Schönen im Menschen. Mit der Vision eines wahren Künstlers setzt er das in Bilder um, die es sonst nicht (mehr) auf der Kinoleinwand zu sehen gibt. Alleine das ist schon ein Grund, sich seine Filme dort anzusehen. Er versteht es in den Zeiten des formelhaften Arthousekinos, wirklich noch zu überraschen und innovativ zu sein.

3. Star Wars VII – Das Erwachen der Macht (J.J. Abrams, USA)

Nach dem ersten Trailer war ich verhalten optimistisch und der Film hat alle Erwartungen erfüllt. Abrams hat fast alles richtig gemacht und böse sein kann man diesem Film schon deshalb nicht, weil hier erstmals die weibliche Hauptfigur die (im doppelten Sinn) stärkste ist. Das alte Star-Wars-Gefühl war von Anfang an wieder da und im Vergleich sehe ich jetzt erst, wie misslungen die Prequel-Trilogie (vielleicht mit Ausnahme der zweiten Hälfte von Ep. III) wirklich war.

4. Das ewige Leben (Wolfgang Murnberger, A)

Nicht ganz so genial wie „Der Knochenmann“, aber ich habe (vor allem am Anfang) sehr gelacht. Sehenswert auch die langsamste Verfolgungsjagd der Filmgeschichte, den Grazer Schlossberg hoch (den ich nur halb geschafft habe). Unter aller Absurdität ist die Story in all ihrer ödipalen Tragik übrigens purer Chandler.

5. Die Lügen der Sieger (Christoph Hochhäusler, D)

Christoph Hochhäuslers endgültige Emanzipation von der Berliner Schule ist ein Beleg dafür, dass es möglich ist, auch im deutschen Kino mit den Mitteln des Thrillers spannende Geschichten zu erzählen, ohne dafür intellektuellen Anspruch und Gestaltungswillen aufgeben zu müssen. Die Stilsicherheit, die er dabei inzwischen an den Tag legt, ist beeindruckend.

 

Beste Regie: Gaspar Noé für „Love“

Bestes Drehbuch: Alejandro González Inárritu & Co. für „Birdman“

Bester Darsteller: Michael Keaton

Beste Darstellerin: Nora von Waldstätten als durchgeknallte Psychologin in „Das ewige Leben“

Beste TV-Darstellerin: Vorjahressiegerin Ruth Wilson teilt sich die Ehre diesmal mit „The Affair“-Kollegin Maura Tierney

Bester TV-Darsteller: Dominic West war in „The Affair“ auch sehr gut, ebenso Jon Hamm in seinen letzten „Mad Men“-Folgen

Meine Lieblingsserien des Jahres gibt es dann zwischen den Jahren auf Fortsetzung.tv.

 

Jahresbestenliste 2014

Veröffentlicht: 28. Dezember 2014 in Film, TV
Schlagwörter:

Das Kinojahr 2014 fing für mich ziemlich toll an und ließ in der zweiten Hälfte ziemlich stark nach. Im letzten Quartal bin ich häufiger ins Filmmuseum zu irgendwelchen Retrospektiven oder in Festivalvorstellungen gegangen als in reguläre Neustarts. Insgesamt hat es aber doch wieder für eine Top Five der Neustarts gereicht:

1. Boyhood

Mit dreieinhalb Stunden keine Minute zu lang, ich hätte diesem Erwachsenwerden in Schnelldurchlauf noch stundenlang weiter zuschauen können. Richard Linklater hat mit diesem ebenso unaufgeregten wie berührenden Werk sein Meisterstück abgeliefert, unterstützt von einem durchweg hervorragenden Ensemble. Patricia Arquette und Ethan Hawke gehen völlig verdient ins Rennen um die wichtigen Filmpreise, die beiden Darsteller der Kinder/Jugendlichen hätten eine Nominierung aber mindestens genauso verdient.

2. Nebraska

Alexander Payne drehte den Jim-Jarmusch-Film, den Jarmusch selbst seit Jahren nicht mehr auf die Reihe bekommt. Fängt witzig-absurd an und wird dann immer trauriger, gefilmt in wunderschönem Schwarz-Weiß und mit mehr Wahrheit über den Zustand der heutigen USA als so manches aktuelle Politdrama.

3. Jersey Boys

Auch so ein Film, der trotz Überlänge nie langweilig wird. Clint Eastwood erweist sich einmal mehr als der Mann, der wirklich alles inszenieren kann, hier einen Musikfilm in ganz musical-atypischer Weise, aber mit den großartigen Songs der Four Seasons. Eine Hommage an eine längst vergangene Zeit und eine fast vergessene Art des Filmemachens, wie sie außer Eastwood höchstens noch Redford pflegt.

4. Das finstere Tal

Andreas Prochaska inszeniert diesen österreichischen Alpen-Western, als wäre er bei Tarantino in die Lehre gegangen. Eine im Grunde banale Geschichte wird durch perfekte Anwendung filmischer Mittel (Kamera, Musik, Schnitt, Zeitlupen etc.) zu einem packenden, düsteren leinwandsprengenden Erlebnis, wie ich es in diesem Genre vorher nur bei Leone-Filmen hatte.

5. In the Cut

Mit seinem großen politischen Abenteuerfilm hat Fatih Akin vielleicht nicht alles richtig gemacht, aber dennoch nicht nur den Mut gehabt, ein wichtiges Tabuthema wie den Völkermord an den Armeniern aufzugreifen, sondern auch das Einfühlungsvermögen, nicht einseitig zu verdammen. Menschen, die moralisch Gutes tun und solche, die Verwerfliches tun, gibt es in diesem Film auf allen Seiten, in allen Religionsgruppen und Ethnien. Und wer am Ende nicht gerührt ist, hat wohl kein Herz.

 

Beste Regie:

Richard Linklater für „Boyhood“: Ich mochte ihn schon immer gerne, aber diesmal hat er sich – seinen Themen und Charakteren treu bleibend – selbst übertroffen. Seine Inszenierung ist so wie das Leben selbst: banal einfach und doch großartig. Eine Kindheit und Jugend so selbstverständlich und alltäglich einzufangen, dass sie sich so echt anfühlen, das ist ganz große Kunst.

Bestes Drehbuch:

Bob Nelson für „Nebraska“: Auch so eine Geschichte über die Banalität und Größe des Lebens, mit der richtigen ausgewogenen Mischung aus Komik und Tragik erzählt, mit einem Gespür für skurrile Figuren und Nostalgie.

Bester Darsteller (Kino): Bruce Dern in „Nebraska“

Beste Darstellerin (Kino): Patricia Arquette in „Boyhood“

 

Beste neue TV-Serien:

„Fargo“, „The Affair“, „Gomorrha“, „Glue“, „The Leftovers“

Mehr dazu dann nächste Woche in unserem Jahresrückblicks-Podcast auf torrent.

Beste alte TV-Serien:

„Orange is the New Black“, „Mad Men“

Beste TV-Darstellerin:

Ruth Wilson in „The Affair“: die Frau mit den vielen Gesichtern, immer schwankend zwischen skrupelloser Verführung und tiefer Verzweiflung

Bester TV-Darsteller:

Billy Bob Thornton in „Fargo“: Das Böse hatte in diesem TV-Jahr nur ein überzeugendes Gesicht und darüber thronte eine aus dem Werk der Coen-Brüder bereits bewährte geschmacklose Frisur.

 

Jahresbestenlisten 2013

Veröffentlicht: 16. Dezember 2013 in Film, TV
Schlagwörter:, ,

Vielleicht überrascht mich ja in den nächsten zwei Wochen noch irgendwas, es ist aber doch eher unwahrscheinlich, dass sich an meinen Favoriten des Jahres noch etwas ändern wird. Vom Kinoangebot her war 2013 für mich auf jeden Fall wesentlich stärker als 2012, wo ich hier gar nicht erst eine Liste erstellt habe. Meine Top 5-Filme:

1. Take this Waltz: ein auf den ersten Blick etwas unscheinbarer kanadischer Indiefilm, der die großen Fragen des Lebens ebenso unspektakulär wie einfühlsam behandelt, mit einer großartigen Michelle Williams, ungewöhnlicher Kameraarbeit und einer Regisseurin, die genau weiß, was sie tut

2. Die Jagd: ein grandioses Comeback von Thomas Vinterberg, der die menschliche Natur in all ihrer Widersprüchlichkeit auf beklemmende Art offenlegt, mit einem kontroversen Thema, einem ungewöhnlichen erzählerischen Ansatz und hervorragenden Darstellern, allen voran natürlich Mads Mikkelsen

3. Vous n’avez encore rien vu: ein unglaublich frisch wirkender Fast-Experimentalfilm vom 90-jährigen Alain Resnais, der noch mal zeigt, welche Magie das Kino auch in Zeiten von Digitalisierung und einfallslosen Blockbustern noch entfalten kann, mit einem Who-is-who der gegenwärtigen französischen Schauspieler, inklusive Michel Piccoli in einer anrührenden Altersrolle

4. The Grandmaster: Keiner bringt solche Bilder auf die Leinwand wie Wong Kar-Wei und ausgerechnet in seinem Film über Kung-Fu hat er auch mal eine bewegende Geschichte zu erzählen: über den Krieg, unerfüllte Liebe und darüber, dass man für Freiheit immer einen Preis zahlen muss. Die Musik ist so bombastisch wie bei Leone und einmal zitiert er sogar Morricone, indem er einfach dessen Leitthema aus „Once Upon a Time in America“ verwendet – viele Dialogsätze möchte man sowieso in Stein meißeln.

5. Die andere Heimat: Edgar Reitz, noch so ein alter Mann des europäischen Kinos, der innerlich jung geblieben ist, kehrt nach zehn Jahren noch einmal zu seinem Lebensthema zurück, mit einem Vier-Stunden-Film in wunderschönem Schwarz-Weiß, mit tollen unbekannten Darstellern und einem Thema, das im Grunde „Die Zweite Heimat“ variiert: Sehnsucht und Freiheitsdrang.

Beste Regie: Sarah Polley für „Take this Waltz“

Bestes Drehbuch: Sarah Polley für „Take this Waltz“

Bester Filmschauspieler: Mads Mikkelsen zeigt innerhalb von zwei Stunden die ganze Bandbreite menschlicher Gefühle von Hoffnung über Trotz bis Verzweiflung.

Beste Filmschauspielerin: Es tut mir Leid, aber in diesem Jahr kann es für mich einfach wieder keine andere geben als Michelle Williams.

Beste Serien: Rectify, Masters of Sex und Bates Motel waren für mich die überzeugendsten Neustarts, und da die laufenden Serien ziemlich schwächelten (whatever happened to Homeland?), für mich auch insgesamt die Favoriten, für detailliertere Begründungen empfehle ich die November- und Dezember-Ausgaben des torrent-Magazin-Podcasts.

Bester Serienschauspieler: Aden Young schafft es als nach 19 Jahren aus der Todeszelle Entlassener, mit wenigen Gesichtsausdrücken mehr zu sagen als die meisten Schauspieler mit einem ganzen mimischen Arsenal.

Beste Serienschauspielerin: Sidse Babett Knudsen als Birgitte Nyborg in der dritten und letzten Borgen-Staffel, spielt so unglaublich sympathisch, dass man sie entweder heiraten oder zumindest an die Regierung wählen will.