Ich stelle mir immer vor, ein Reisender von irgendeiner abgelegenen Inselgruppe trifft am Düsseldorfer Flughafen ein, begibt sich zu seinem Hotel und vor dem Eingang stehen dann Menschen in Militäruniformen mit überdimensionalen Wummen, Sturmtrooper und irgendwelche Aliens. Denkt sich dieser Reisende dann, dass in Deutschland immer alle so rumlaufen? Dabei ist er doch nur zufällig in das Hotel geraten, an dem sich an diesem Wochenende etwa 5000 Science-Fiction-Fans zur Fedcon treffen, der größten Veranstaltung dieser Art in Europa.
Interessant fand ich als blutiger Newbie, dass das Geschlechterverhältnis der Besucher ziemlich ausgeglichen war. Ich hatte ja eher mit einer Mehrzahl von männlichen, Bauch, Bart und Brille tragenden Nerds gerechnet. Die gab es zwar auch, aber ebenso ziemlich viele, ziemlich gutaussehende junge Frauen. Und ja, ich musste mir eingestehen, ich stehe auf Frauen in (Fantasie-)Uniformen.
Worauf ich definitiv nicht stehe, ist Stargate, und nach dem Auftritt von Richard Dean Anderson weiß ich auch wieder, warum. So einen unsympathischen Schauspieler habe ich echt noch nicht erlebt: gelangweilt und überheblich, wobei man sich echt fragt, warum sich ein Typ, dessen Karierre sich auf zwei reichlich blöde Serien beschränkt, selbst so toll findet. Meine Lieblingsfrage war dann auch die einer 1985 noch gar nicht geborenen Frau, warum er als McGyver diese furchtbare Frisur getragen habe.
Schön auch eine Frage an Jonathan „Commander Riker“ Frakes: „I know that you have done the TV-show X-Factor, but I wonder why did you do this TV-show?“ Oder die Frage eines 13-jährigen Jungen: „Mit wie vielen verschiedenen Spezies hatten Sie in der Serie [TNG] eine Beziehung?“ Ansonsten kam in jedem Panel, in dem ich saß, irgendwann die naive Frage, ob der jeweilige Star denn Fan-Fiction seiner Serie kenne und schon mal gelesen habe. Die Antworten reichten von völligem Unverständnis („What? Fic? Fan-Fic? What the hell is that?“) bis zu der Auskunft, Kollegen hätten davor gewarnt, sich das anzugucken, weil die Figuren darin merkwürdige sexuelle Vorlieben und Beziehungen hätten.
Für reichlich Unverständnis sorgte die Politik, dass Gäste mit Tageskarte beim Auftritt von William Shatner nicht in den Hauptsaal durften. Nach lautstarken Buhrufen kam Shatner zumindest kurz in den Nebensaal, wohin sein Panel parallel übertragen wurde, um die Fans persönlich zu begrüßen. Ein netter Zug von Shatner, der überhaupt sehr natürlich und gänzlich unabgehoben rüberkam. Außerdem muss man anerkennen, dass der Mann ja wirklich eine Legende ist – im Gegensatz zu vielen anderen der „Stargäste“, die einem fast ein bisschen Leid tun konnten, zehren sie doch teilweise heute noch davon, dass sie vor zwanzig oder vierzig Jahren mal in einer erfolgreichen TV-Sendung dabei waren. Heute leben sie dann mangels Rollenangeboten wohl davon, „persönliche“ Meet and Greets für 400 Euro anzubieten wie Herr Anderson.
Was mir gefallen hat, war die tolerante Atmosphäre unter den Fans, wo Cardassianer und Bajoraner, Sturmtrooper und Zylonen einträchtig ihrem Hobby frönen, Eltern ihre kleinen Kinder schon in eine Star Trek-Uniform oder ein Jedi-Kostüm stecken. Wo Menschen im Rollstuhl alleine schon dafür vom Publikum gefeiert werden, dass sie sich in einem Fantasiekostüm auf die Bühne trauen. Trotzdem könnte ich persönlich wohl mit einer ER-Fanconvention mehr anfangen – oder mit dem Moosefest in Alaska.