Mit ‘SZ’ getaggte Beiträge

Was wäre die Süddeutsche ohne ihre „Internet = Untergang des Abendlandes“-Autoren? Diesen Samstag durfte ausnahmsweise mal nicht Bernd Graff selbigen herbei reden, sondern sein Kollege Hilmar Klute. Seltsamerweise ist sein ganzseitiger Artikel über die Laienrezensionskultur bei Amazon & Co. mal wieder nicht im Online-Portal der SZ zu finden, wahrscheinlich weil der Redaktion selbst bewusst ist, wie lächerlich sein Inhalt da wirken würde. Gedruckt ist er natürlich auch nicht weniger lächerlich, aber wahrscheinlich denken die, der normale Zeitungsleser ist eh ein Ewiggestriger, weshalb man ihm so eine Meinung ruhig zumuten kann.

Klute findet jedenfalls, die Laienkultur des Internets, wo jeder seine Meinung über Bücher, Musik, Restauraunts und alles mögliche andere verbreiten kann, sei der Niedergang der fundierten Rezension, wie wir sie aus Zeitungen und anderen alten Medien kennen. Jeder, der nur ein Buch in seinem Leben gelesen habe, könne nun Werke der Weltliteratur öffentlich abkanzeln. Was für eine Arroganz, davon auszugehen, dass ein beträchtlicher Teil der Kritiker bei Amazon & Co. nur ein Buch gelesen hätte! Natürlich kann ein Laienkritiker laut Klute gar nicht über den Hintergrund verfügen, ein Buch jenseits subjektiver Geschmackskriterien zu beurteilen. Nein, das kann selbstverständlich nur, wer sich bis auf den Posten eines Feuilleton-Redakteurs hoch geschlafen  gearbeitet hat. Natürlich sind die Rezensionen professioneller Kritiker auch immer völlig frei von Häme und persönlichen Abneigungen, das sieht man ja schon an den jahrzehntealten Fehden zwischen Reich-Ranicki und Martin Walser oder Günter Grass.

Dabei ist das eigentliche Problem doch ein ganz anderes: Dass da, wo man es erwarten würde, in den Feuilletons und auf den Kulturseiten der meisten Tageszeitungen z.B., schon lange gar keine fundierte Auseinandersetzung mit künstlerischen Werken mehr stattfindet. Sondern meistens nur noch Gebrauchskritik mit Servicecharakter. Eine Einordnung in den filmhistorischen, -wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhang, wie ihn früher etwa Kritiker wie Hans C. Blumenberg in der „Zeit“ bei fast jeder Filmkritik vorgenommen haben, findet doch fast nirgendwo mehr statt. Man kann ja froh sein, wenn man in der Regionalzeitung überhaupt noch etwas zu Kameraarbeit und Schnitt gesagt bekommt, und nicht nur zu Schauspielern und Drehbuch. Und in den meisten so genannten Literatursendungen im TV, von Elke Heidenreich bis Christine Westermann – die allerdings auch in dem Artikel als Negativbeispiel genannt wird -, wird heutzutage gar nicht mehr kritisiert, sondern nur noch empfohlen.

Das Wesen des Internets, vor allem des Web 2.0, hat Klute natürlich mal wieder überhaupt nicht verstanden. Ja, natürlich geht es dabei um private Meinungsäußerungen, um was denn sonst? Um literaturwissenschaftliche Abhandlungen etwa? Für die würden die meisten Autoren, die sich dazu berufen fühlen, wahrscheinlich lieber bezahlt werden, um diese zu schreiben. Aber die SZ bezahlt dann doch lieber einen Autor, der den Unterschied zwischen professionellem Feuilleton und Web 2.0 nicht versteht, dafür, seine unreflektierte private Meinung (!) auf einer ganzen Seite auszubreiten.

„Es ist eine bittere Pille. Doch der einzige Weg, Umsonst-Angebote zu bekämpfen, ist eine Umsonst-Strategie“, erklärt Mark Mulligan von der britischen Marktforschungsgesellschaft Jupiter Research.

Während Plattenmultis wie die EMI ums Überleben kämpfen, konnte die britische Verwertungsgesellschaft (entsprechend der deutschen GEMA) ihre Lizenzeinnahmen 2008 um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern – und auch Bands wie die Nine Inch Nails verdienen nach wie vor prächtig an ihrer Musik. Nur die Konzerne wollen nach wie vor ausschließlich kleine silberne Scheiben zu überteuerten Preisen ans Volk bringen, das sich schon lange lieber die neueste Musik aus dem Netz auf ihren iPod saugt. Die Musik- (und sonstige Medien-) industrie zeigt immer mehr erschreckende Ähnlichkeit mit der Katholischen Kirche. Wenn uns die Gläubigen weglaufen, denken wir nicht darüber nach, ob mit unserer Haltung vielleicht was nicht stimmen könnte, sondern beschweren uns über die Menschen, die immer öfter vom allein seligmachenden Glauben abfallen…

Viel Wirbel um „Southland“

Veröffentlicht: 14. April 2009 in Print, TV
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Das Ende des unabhängigen Journalismus oder eine gelungene PR-Aktion? Die L.A. Times druckte zum Start der neuen Serie von „ER“-Producer John Wells, „Southland“, auf ihrer Titelseite eine Anzeige, die wie ein redaktioneller Artikel gestaltet war. Willi Winkler sieht darin in der SZ so etwas wie den Verkauf der journalistischen Seele an den Teufel. Völlig übertrieben, wenn ihr mich fragt. Über dem Text stand groß „Anzeige“ und das NBC-Logo. Wer das dann trotzdem für einen normalen Artikel gehalten hat, ist entweder blind oder extrem unaufmerksam.

„Question is: Do we need a DAILY newspaper?
It seems certain that we don’t need it, if it looks like the ones we have today.“

Thomas Knüwer will mit englischsprachigen Autoren ins Gespräch kommen, und schrieb deshalb einen englischen Text über seine Ansichten über die Zukunft der Zeitung. Zumindest, was die redaktionelle Seite angeht (das mit dem Anzeigengeschäft kann ich nicht beurteilen), hat er mit fast allem Recht. Auch ich finde, dass die Verleger genau den falschen Weg gehen, wenn sie die Texte immer kürzer, die Fotos immer größer und die Informationen immer oberflächlicher machen, wenn sie versuchen, dem Weltgeschehen von gestern und vorgestern hinterherzurennen, statt eigene Themen zu setzen und Hintergründe zu liefern, die man im Internet meistens eben nicht bekommt.

Wie man es richtig macht, zeigt seit Jahren „Die Zeit“, die auch Knüwer als Beispiel nennt. Auch die FAS ist ja ein wirtschaftlicher Erfolg. Ich denke, dass es diese (und ähnliche) Zeitungen sind, die die Zeitungskrise auch überleben werden. Andere Qualitätszeitungen wie SZ oder FAZ werden vermutlich irgendwann ihr Erscheinen auf ein oder zwei Mal in der Woche umstellen müssen. Die Masse der Regionalzeitungen wird in einigen Jahrzehnten hingegen nur noch als Marke im Internet existieren – wenn überhaupt. Spätestens wenn die Mehrzahl der heute 50-80-Jährigen weggestorben ist, wird es keine Zielgruppe für diese 08/15-Blättchen mehr geben. Wer heute als 20- oder 30-Jähriger keine Regionalzeitung liest, wird damit auch mit 40 oder 50 nicht anfangen. Und die Kiddies, die heute zur Schule gehen und mit StudiVZ und SpOn aufwachsen, schon gar nicht. Alles Andere ist sich selbst in die Tasche lügen von beratungsresistenten Verlegern.

Dass es trotzdem schade wäre, wenn es irgendwann gar keine oder nur noch ganz wenige Zeitungen gäbe, ist klar. Weil Print ein ganz anderes, auch optisches Erleben ermöglicht, als lange Artikel am Bildschirm zu lesen. Ob ich es allerdings vermissen würde, wenn es keine küchentischgroßen ausfaltbaren Altpapierstapel mehr zu lesen gäbe, wage ich zu bezweifeln. In ihrem jetzigen Format sind Zeitungen, insbesondere, wenn sie das Hamburger Format haben, wie „Zeit“, SZ und FAZ, ein Anachronismus, der eigentlich durch nichts zu rechtfertigen ist. Roger Köppel ist hier mit seiner „Weltwoche“ genau den richtigen Weg gegangen, indem er die traditionsreiche Schweizer Wochenzeitung auf das Magazinformat umgestellt hat. Auch die FR und ihr Tabloidformat könnte man als Vorbild nehmen, aber warum eigentlich immer noch auf Zeitungspapier und ungeheftet? Ich wage mal zu behaupten: Die Zukunft der Zeitung ist nicht nur inhaltlich das Magazin, sondern auch vom äußeren Erscheinungsbild her.

Eigentlich wollte ich nichts über den Amoklauf von Winnenden schreiben, weil ich dachte, es reicht ja, wenn alle darüber schreiben. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang aber, wie wenig Ahnung vom Internet doch viele Journalisten haben, die meinen, jetzt etwas über die vermeintliche Ankündigung des Täters im Internet schreiben zu müssen oder über die Nutzung von Web 2.0-Diensten von Journalisten, die über den Amoklauf berichteten.

Die dpa etwa scheint überhaupt keine Ahnung zu haben, was ein Chat überhaupt ist oder wie dieser funktioniert. Da schreibt die Agentur von einem “ Schreiben [, dass der Täter] wenige Stunden vor der Tat ins Internet gestellt hatte“. In einen Chat stellt man also ein Schreiben, aha. Wenn die Polizei das so formuliert, weckt das auch nicht unbedingt Vertrauen in deren Ermittlungskompetenz, aber zumindest versteht man, wenn eine Behörde so ein Bürokratenwort wie „Schreiben“ verwendet. Aber der Satz ist ja im dpa-Text nicht als Zitat gekennzeichnet. Also geht wohl auch der Journalist davon aus, dass ein Chat halt aus verschiedenen Schreiben, also Briefen, besteht. Und dass die Teilnahme an einem Chat im Normalfall keine Spuren auf dem eigenen Rechner hinterlässt, ist anscheinend auch eine Neuigkeit, die dem Leser erst einmal umständlich erklärt werden muss.

Bei der SZ ist skurrilerweise ein Redakteur für das Themengebiet Internet zuständig, der das komplette Web 2.0 mehr oder weniger offen ablehnt. Ich habe jedenfalls noch nie einen Artikel von Bernd Graff gelesen, in dem er an Blogs, Sozialen Netzwerken oder Ähnlichem auch nur ein gutes Haar lassen würde. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er die Überreaktion vieler Journalisten nach dem Amoklauf in Bezug auf die Twitter-Nutzung als Anlass nimmt, mal wieder kräftig auf den Microblogging-Dienst einzuschlagen.

Was die Ergebnisse angeht, hat Graff mit seiner Kritik natürlich weitgehend Recht: Dass Journalisten eine Twitterin belästigen, weil die über den Dienst gemeldet hat, sie habe gehört, dass an der Schule ein Amoklauf stattfinde, ist genauso fragwürdig wie die sensationsheischende Live-Berichterstattung z.B. von Focus Online via Twitter. Aber was bitte soll die Behauptung, es sei eine Selbstverständlichkeit, dass es falsch sei, „die Aufmerksamkeit vom Gegenstand der Berichterstattung auf den Berichterstatter zu lenken“, wie es Stefan Niggemeier formuliert hat? Warum sollen Reporter nicht ihre Eindrücke und Emotionen bei der Berichterstattung schildern dürfen? Und ich rede jetzt von wirklich mitteilenswerten Gefühlen, nicht von solchen effektheischenden Belanglosigkeiten, wie die anscheinend von den Focus Online-Reportern getwittert wurden. Mir scheint es unglaublich, dass es 30 Jahre nach Erfindung des New Journalism immer noch Journalisten gibt, die solche Behauptungen unhinterfragt aufstellen, wie Graff es tut. Einen lesenswerten Artikel zu dieser Frage gibt es hingegen bei medienlese.com.:

„Aber abgesehen davon, dass sich Journalisten niemals wichtiger als die Geschichte nehmen sollten: Nehmen sich Journalisten, wenn sie zum Beispiel Twitter nutzen, “ich” sagen, ihre Arbeit transparent machen, damit automatisch zu wichtig? Schmälern sie das Ereignis? Bedient es nicht die wachsende Medienkompetenz der Leser, dass man ihnen deutlich macht: Ich fahre da hin, ich berichte für dich, mit diesen Problemen werde ich konfrontiert?“

Das Monster in Hollywoods Mitte

Veröffentlicht: 22. Februar 2009 in Lesetipp
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„Das Traurige bei Mickey Rourke ist: Es ist nicht so ein Comeback. Es ist keine Phönix-aus-der-Asche-Geschichte, in der der Held neu erstarkt, mit ein paar Kratzern zwar, aber mit dem Strahlen der Erkenntnis wieder auftaucht. Rourke steht nicht für Katharsis, für Aufbruch oder für das Obama-Amerika, er kann auch gar nicht geläutert werden – denn Rourke ist nicht mehr derselbe. Er steht für unwiederbringlich verlorene Vergangenheit. Für Leid. Und Pathos. Wen soll er im Übrigen künftig spielen? Gerissene Anwälte? Geniale Wissenschaftler? Weltraumhelden? Soll er sich durch sämtliche Talkshows charmieren? Das geht nicht. Rourke ist kaputt.“

An Mickey Rourke scheint diese Woche, in der er heißer Kandidat bei der Oscar-Verleihung ist und sein Film „The Wrestler“ in den deutschen Kinos anläuft, keine Zeitung oder Zeitschrift vorbei zu kommen. Beim Blick ins Zeitschriftenregal haben gefühlte 50 Prozent der Titel ein Porträt über oder ein Interview mit Rourke im Heft. Was man aus so einem Leben und so einem Treffen journalistisch machen kann, zeigt Rebecca Casati in einem bewegenden Porträt in der Wochenendbeilage der SZ.

Eines meiner Lieblingsthemen,was Zeitschriften betrifft: Warum gibt es fast keine gut gemachten Stadtmagazine mehr, die eine fundierte politische und kulturelle Berichtertattung bieten, und somit  eine echte Alternative zur langweiligen Lokalpresse sein könnten?

Die späten 70er und frühen 80er waren die Blütezeit der Stadtillustrierten: In den meisten deutschen Großstädten gründeten sich ein oder mehrere solcher Titel, die nicht nur über das kulturelle Leben in der jeweiligen Stadt berichten wollten, sondern meistens auch einen irgendwie alternativen gesellschaftlichen Hintergrund hatten – 68 ließ grüßen: die Westberliner Zitty, die Kölner Stadt-Revue, der Düsseldorfer Überblick, der Frankfurter Pflasterstrand, aus dem dann später das Journal Frankfurt hervorging usw. Hinzu kamen noch die gratis verteilen Magazine wie Coolibri, Biograph (in Düsseldorf), Choices (in Köln) etc.Teilweise wollten diese Magazine eine Alternative zur etablierten Lokalzeitung bieten, die ja meist doch nur die älteren Generationen anspricht, teilweise versuchte man auf dieser alternativen Spielwiese, auch dem Premium-Journalismus Konkurrenz zu machen, indem man begabte Schreiber und Blattmacher sich austoben ließ, mit großen Reportagen und Essays, ausgeflippten Fotostrecken u.ä.

Der Düsseldorfer „Überblick“ war z.B. in den frühen 80ern unter Chefredakteur Hubert Winkels (der dann später u.a. bei Premiere „0137“ moderierte und Literatursendungen im Deutschlandfunk) ein Blatt, für das nicht nur Autoren wie Dietrich Dieterichsen schrieben, sondern dass auch einen ganz neuen, frischen Geist atmete: Hier fanden sich lange Filmbesprechungen, politissche Essays und Lifestylethemen, lange bevor es Lifestyle- und Zeitgeistmagazine überhaupt gab. Man merkte, dass die Macher und Autoren eine Vison und einen Anspruch hatten, dass sie sich selbst nicht an der Rheinischen Post, sondern eher am (US-)Rolling Stone messen lassen wollten –  oder am New Yorker.

Und heute? Der „Überblick“ ist längst eingestellt, nachdem er in den späten 80ern zu einer ganz normalen Programmillustrierten verkommen war, das Ruhrgebietsmagazin Marabo wurde vor kurzem vom Markt genommen, lediglich in Metropolen wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt können sich die klassischen Stadtmagazine noch einigermaßen behaupten. Die Stadt-Revue in Köln ist so ziemlich das einzige mir bekannte Beispiel, wo man seinem eigenen alternativen Anspruch noch treu geblieben ist (Was ist mit der Zitty? Hab ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr in der Hand gehabt.). Überall anders regiert der Prinz, das Pseudo-Stadtmagazin für den jungen großstädtischen Schicki-Micki, bei dem weitgehend alle Ausgaben gleichgeschaltet sind (So gibt es seit einiger Zeit überall das gleiche Titelthema, die Redaktionen in den einzelnen Städten dürfen dieses dann nur noch auf ihre jeweilige Stadt „runterbrechen“.).

Auch der Coolibri, die auflagenstärkste (Gratis-)Stadtillustrierte in NRW scheint seit einiger Zeit auf dem absteigenden Ast zu sein. Kaum noch längere Artikel, immer weniger Mitarbeiter und weitgehende Einfallslosigkeit. Man füllt halt monatlich seine Rubriken und den Terminkalender. Immerhin hat der Coolibri es Anfang des Jahres endlich geschafft, eine Webseite frei zu schalten, die diesen Namen auch verdient. Das wirft allerdings auch die Frage auf: Braucht in Zeiten des Internets noch irgendjemand eine gedruckte Stadtillustrierte? Veranstaltungsseiten gibt es im Netz en masse, und Kritiken zu neuen Kinofilmen, Theaterstücken, Ausstellungen etc. auch.

Ihr habt es nicht anders erwartet: Meine Antwort heißt natürlich: Ja! Ich denke, gerade heute wäre eine Alternative zum Einheitsbrei der meisten Lokalzeitungen nötiger als je zuvor. Nachdem die taz NRW gescheitert ist, ebenso der SZ-NRW-Teil, nachdem die Konzentration auf dem Tageszeitungsmarkt voranschreitet, nachdem man in den meisten Großstädten NRWs nur noch die Wahl hat zwischen Pest und Cholera, wenn man sich darüber informieren will, was vor Ort so politisch und kulturell los ist. Die kostenlosen Magazine könnten hier eine Nische besetzen, die sonst keiner mehr besetzen will oder kann. Der noch recht neue „engels“ in Wuppertal macht seit einiger Zeit vor, dass es durchaus erfolgversprechend sein kann, sich nicht auf das Abdrucken von Kino- und Theaterprogrammen und einen Terminkalender zu beschränken, sondern auch in lokale Berichte zu investieren. So etwas auf mehr Seiten, mit einem besseren Layout, größeren Fotos etc. und dann für das ganze Rheinland vom Niederrhein bis nach Bonn und von Mönchengladbach bis Dortmund – so etwas würde ich gerne lesen. Und vermutlich sogar Geld dafür ausgeben. Eine inhaltliche Mischung aus taz NRW und dem „Überblick“ der frühen 80er, das wäre sogar ein Traum. Wenn’s nicht irgendwann jemand macht, muss ich es vermutlich doch eines Tages selbst machen.

Gemein, aber gut

Veröffentlicht: 8. Februar 2009 in Lesetipp, Print
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Ich weiß nicht, ob Wolfgang Welt sich gefreut hat, als er gestern das große Porträt über sich in der Wochend-Beilage der SZ gelesen hat. Das ist nämlich sehr ehrlich ausgefallen. Welt war vor dreißig Jahren ein viel versprechender Popliterat. Nachdem seine Bücher alle floppten, nahm er eine Arbeit als Nachwächter an, die er noch heute macht. Bald soll sein erster Roman seit Jahrzehnten bei Suhrkamp erscheinen. Er ist seine letzte Chance, den literarischen Durchbruch vor der Rente doch noch zu schaffen.

Während Welt in der Unterzeile noch als „größter Erzähler des Ruhrgebiets“ gefeiert wird, liest sich das im Text schon wesentlich nüchterner. Hauptsächlich habe Welt über sein eigenes trostloses Leben geschrieben – und sei damit nicht gut gefahren:

In dieser Form sei das Schreiben bisher nur „Ausgleich zum Rest meines beschissenen Lebens“. Zweites Pils. So einfach sei das.

Einerseits ist das Porträt von Alexander Runte sehr gut geschrieben, andererseits finde ich solche schonungslosen Porträts über Leute, die eh schon im sozialen Abseits stehen und mit psychischen Problemen zu kämpfen hatten, doch etwas bedenklich.