Wahrscheinlich braucht die so genannte Linke in Deutschland noch nicht einmal die Wirtschaftslobby, um sich selbst aufs Abstellgleis zu bugsieren. Wahrscheinlich ist es noch viel einfacher und noch viel trauriger: Politik scheint ebenso zu funktionieren wie Sandkasten-Spiele Dreijähriger. Nein, ich mag dich nicht, deshalb kriegst du mein Schäufelchen nicht geliehen!
Die SPD in Thüringen und die Grünen im Saarland scheinen von genauso großen Egozentrikern geführt zu werden wie Jürgen Walter in Hessen einer war. Es geht ihnen weder um die Durchsetzung politischer Inhalte noch um den Wählerwillen, sondern lediglich darum, ihre eigenen Eitelkeiten und Verletzlichkeiten zu pflegen. Weil zwei Grüne zur Linken übergetreten sind, kann man mit den Schmudelkinden natürlich nicht mehr spielen, und Oskarchen steht ja zum Glück immer als Buhmann bereit. Der ist wahrscheinlich nicht nur am Klimawandel schuld, sondern mindestens indirekt auch an der Ermordung John F. Kennedys.
Dieses Argument, die CDU und FDP wären den Grünen ja so weit entgegen gekommen, wie man es vorher kaum für möglich gehalten hätte, ist natürlich völlig irrelevant. Forderungen wie die Abschaffung der Studiengebühren oder das Festhalten am Atomausstieg, die die bürgerlichen Parteien jetzt ja so großzügig mittragen wollen, hätten die Ökospießer mit SPD und Linken gar nicht erst verhandeln müssen, da das sowieso gemeinsame Positionen aller drei Parteien waren. Wer allerdings ernsthaft glaubt, ausgerechnet mit den Klerikal-Konservativen und der neoliberalen Steuersenkungspartei könne man eine fortschrittliche Politik betreiben, hat von Politik weniger Ahnung als Lieschen Müller.
Was mich noch erstaunt, ist die Kurzfristigkeit des Denkens von Leuten wie diesem Ulrich von den Grünen. Ihm muss doch klar sein, dass ein großer Teil seiner Wähler seine Entscheidung ablehnt und seine Partei beim nächsten mal nicht mehr wählen wird. Für eine Partei, die gerade mal knapp die Fünf-Prozent-Hürde genommen hat, heißt das im Klartext: Bei den nächsten Landtagswahlen seid ihr weg vom Fenster. Und das nimmt man bedenkenlos in Kauf, nur damit man für fünf Jahre zwei schöne Ministerposten bekommt statt womöglich nur einen. Und nach mir die Sintflut.
In fünf Jahren könnte die Linke dann tatsächlich die SPD überholen, da für viele, die diesmal noch Grüne oder SPD gewählt haben, inzwischen klar sein dürfte: Wer eine Regierung jenseits von CDU und FDP haben will – ich traue mich inzwischen nicht mehr „eine linke Regierung“ zu schreiben -, kann nur „Die Linke“ wählen. Lafontaine kann seine politische Karriere dann tatsächlich wieder als Ministerpräsident beschließen – und Heiko Maas wird endgültig zur tragischen Figur.
Die Grünen haben sich diese Woche endgültig überflüssig gemacht. Ihren inhaltlichen Sündenfall haben sie ja im Grunde schon vor zehn Jahren mit der Zustimmung zum Kosovo-Krieg – und später mit derjenigen zum Abbau des Sozialstaates – hinter sich gebracht. Nun sind sie auch aus taktisch-koalitionstechnischen Überlegungen unwählbar geworden, wenn man sich selbst noch für irgendwie links hält oder zumindest die CDU nicht mag. Die Grünen entwickeln sich immer mehr zur Ein-Themen-Partei: Atomausstieg nur mit uns! Da kann man allerdings auch Linke oder SPD wählen, wenn man das gut findet.
Ökologie alleine wird auf Dauer als Thema nicht reichen, das ist inzwischen längst bei allen anderen Parteien angekommen, selbst bei der Union, wenn man mal vom Thema Atom absieht. Ob Deutschland dauerhaft eine zweite FDP, für Leute mit etwas wilderer Vergangenheit, braucht, ist fraglich. Links ist an dieser Partei jedenfalls nichts mehr. Die Grünen sind in knapp 30 Jahren zu genau den prinzipienlosen, machtgeilen Arschlöchern geworden, gegen deren Vorherrschaft sie damals gegründet wurden. Wenn man sich das Geschehen in Berlin und den Hauptstädten der Bundesländer in den letzten zwei Wochen so anguckt, kann man gar nicht mehr so viel essen, wie man kotzen möchte.