Mit ‘Facebook’ getaggte Beiträge

10 Gründe, Facebook zu hassen

Veröffentlicht: 16. Juli 2011 in Online
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Nachdem ich am Montag noch total genervt war, weil in jeder Radiosendung (bei drei verschiedenen Sendern), die ich hörte, über Facebook gesprochen wurde, stieß ich ab Dienstag ständig auf Google+. Nur dass ich die Berichte darüber sogar bewusst und interessiert gelesen bzw. gehört habe. Mann, was würde ich mir ins Fäustchen lachen, wenn Google Zuckerbergs Fatzebuch dahin schicken würde, wo all die gehypten Vorgänger wie MySpace und StudiVZ schon längst sind: in die Bedeutungslosigkeit. Ich kann mir nicht helfen, aber Facebook verkörpert für mich gefühlsmäßig „das Böse“ (TM). Wenn Sascha Lobo meint: „Die DNS von Facebook ist sozialer Kitt“, würde ich eher sagen: „Die DNS von Facebook ist eine asoziale Motivation.“ Nicht nur, was die ursprüngliche Motivation von Zuckerberg angeht, das Ding zu programmieren.

FB geht es nicht darum, irgendwelche tatsächlichen Bedürfnisse seiner User zu befriedigen. Es geht ihm darum, deren Kommunikationsbedürfnisse zu missbrauchen, um an ihre Daten zu kommen und mit ihrer Hilfe immer mehr Leute auf ihre Seiten zu locken. Was manche Spieleentwickler an Social Games wie FarmVille & Co. kritisieren, dass sie soziale Beziehungen nur instrumentalisieren, um neue Spieler zu generieren und dadurch mehr Geld zu verdienen, trifft auch auf FB selbst zu.

Für die Nutzer selbst geht es überwiegend um Selbstdarstellung, nicht um wirkliche Kommunikation. Die findet im Netz ganz woanders statt: in Blogs, in Foren, vielleicht auch bei Twitter. Wenn ich wirklich an den Meinungen und Interessensgebieten eines Menschen interessiert bin, lese ich sein Blog. Wenn ich über ein spezifisches Thema diskutieren möchte, z.B. über eine TV-Serie oder einen neuen Comic, den ich toll finde, suche ich mir ein Forum mit Gleichgesinnten. Dort finden nämlich noch inhaltliche Auseinandersetzungen statt. Wenn ich längere Zeit regelmäßig ein Forum besuche, kann ich die Stammuser einigermaßen einschätzen, ich kenne einige ihrer Vorlieben und Abneigungen, ich weiß, wer Diskussionskultur hat und wer nur ein Troll ist, der immer Recht behalten will. Wenn ich auf FB mit Leuten „befreundet“ bin, erfahre ich auch nach Monaten meist nicht mehr über sie, als wo sie zuletzt im Urlaub waren und mit wem sie gestern einen Kaffe trinken gegangen sind. Interessiert mich das? In den allermeisten Fällen nicht. Für längere Diskussionen ist auf FB hingegen gar kein Platz. Alles, was länger als drei Sätze ist, liest eh keiner. Die Reaktionen beschränken sich meistens auf ein „Gefällt mir“. Die Beliebtheit eines Users resultiert daraus, wer die meiste unreflektierte Zustimmung einsammeln kann: „7.657 Personen gefällt das“ vs. „Einer Person gefällt das.“ Wer unter 50 „Freunde“ hat, macht sich im Grunde lächerlich. In meinem Blog freue ich mich dagegen über jeden Kommentator, bei dem ich merke, dass er sich inhaltlich mit meinem Artikel auseinander gesetzt hat.

Die Kommunikation bei FB ist in den allermeisten Fällen eine Scheinkommunikation. Die Illusion einer Kommunikation. Den ganzen ehemaligen Bekannten, die man vor zehn oder zwanzig Jahren aus den Augen verloren hat und ohne FB auch nie wieder gefunden hätte – und die ja als eines der Lieblingsargumente dienen, was an FB so toll sei -, hat man meistens heute auch nicht mehr viel zu sagen. Hätte man das, hätte man ja auch vor zehn oder zwanzig Jahren Wege gefunden, mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Ausnahmen gibt es natürlich auch, also Menschen, die man nach Jahren wieder trifft und die einem noch ganz viel zu sagen haben. Nur tun sie das dann bei FB nicht unbedingt auch immer. Wenn sie da immer nur schreiben, mit wem sie in ihren Heimatstädten gerade was unternehmen wollen oder ihre Babyfotos posten, bringt sie mir das ja auch nicht wieder näher. Und um zu chatten, braucht man kein Soziales Netzwerk, dafür gibt es genügend Programme.

Zudem kann all diese geschäftige Oberflächenkommunikation, das ständige Rauschen der Mitteilungen von Dutzenden Menschen, während man alleine vorm Computer sitzt, Einsamkeitsgefühle eher noch verstärken statt beseitigen. Wie es eine Anruferin gestern Abend im „Blue Moon“ formulierte: „100 Freunde und keiner ruft an.“  Wenn du wirklich einsam bist, wenn du Probleme hast, und keinen, mit dem du darüber reden könntest, hilft dir FB bestimmt nicht weiter.

Wenn ich dann höre, dass man sich bei FB nicht mehr einfach mit einem Pseudonym anmelden kann, weil die einem bei unrealistsichen Namen den Account sperren, bis man ihnen eine Geburtsurkunde oder seine Handynummer schickt, möchte ich am liebsten kotzen. Da offenbart FB seine wahre Fratze. Überall sonst im Netz ist es ja üblich und akzeptiert, unter einem Pseudonym, einem Nickname oder Bloggernamen zu schreiben. Was übrigens gar nichts damit zu tun hat, das man anonym rumpöbeln will, wie manche behaupten, für die das Internet nur aus Google, SpOn und Wikipedia besteht.

Ich hoffe jetzt einfach mal auf Google+. Alles, was ich in den letzten Tagen darüber gelesen und davon gesehen habe, fand ich sympathischer und überzeugender als alles, was ich in einem halben Jahr bei FB gesehen habe, bevor ich entnervt mein Profil gelöscht habe. Leider bin ich ja nur ein E-Blogger, weswegen ich keine Einladung für die G+-Betaphase bekommen habe. Wobei ich mich da eher nur anmelden werde, wenn es möglich wird, dort auch geschäftliche Projekte zu promoten. Privat hatte ich noch nie das Bedürfnis, mich bei einem Sozialen Netzwerk anzumelden. Aber bei G+ soll es ja wohl mehr um Themen und weniger um Egos gehen. Vielleicht fragen sich die Nachgeborenen in zehn Jahren ja, wenn „The Social Network“ im Fernsehen läuft: „Facebook? Was war das denn noch mal?“

Aaron Sorkin im O-Ton-Interview

Veröffentlicht: 17. Oktober 2010 in Film
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CARGO hat sich mit Drehbuchautor Sorkin über „The Social Network“ unterhalten, das Interview gibt es als Audio auf deren Seite. Toll z.B., dass er ein Drehbuch schreibt, das Zuckerberg knapp zwei Stunden lang als unsozialen Arsch darstellt und ihm dann wünscht, er möge nach Ansehen des Films über ihn gut schlafen.

Lesetipp zu „The Social Network“

Veröffentlicht: 14. Oktober 2010 in Film, Lesetipp, Online
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Zufällig gefunden: ein gut zwei Jahre alter Artikel aus dem US-„Rolling Stone“, den es kurz darauf auch in der deutschen Ausgabe gab, und den es anlässlich von „The Social Network“ jetzt frei zugänglich online gibt. Wie im Film geht es darin um die Hintergründe der Facebook-Erfindung, vor allem um die Frage, ob Zuckerberg die Idee bei Kommilitonen geklaut hat. Sehr lesenswert!

Facebook und die Nazis

Veröffentlicht: 11. Oktober 2010 in Online
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Facebook löscht die Seite eines NPD-kritischen Blogs – mit der Begründung, diese sei hasserfüllt, obszön und bedrohlich – , die Seite der NPD jedoch nicht. Irgendwie wird mir FB immer unsympathischer. Wenn ich „Social Network“ gesehen habe, versuche ich wahrscheinlich, mein Profil zu löschen.

„Facebook und Co. böten zwar «einsehbare Informationen», seien aber ihrem Wesen nach wie «holländische Wohnzimmer», deren Fenstern die Gardinen fehlten, ohne damit aber eine Einladung an jedermann zu verbinden, sich an den Scheiben die Nasen platt zu drücken.“

Ein interessanter Essay über Soziale Netzwerke von Joachim Güntner aus der NZZ. Über meine persönlichen Eindrücke als Fatzebuch-Neuling schreib ich bestimmt demnächst hier auch noch mal was.

Urbane Kommunikation

Veröffentlicht: 10. April 2010 in Allgemeines, Online
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Mit wem sprechen diese Leute ständig, frage ich mich, wenn ich aus dem Fenster schaue, und mindestens jeder Zweite mit einem Handy am Ohr über den Bürgersteig geht. Manchmal hat man auch das Pech, dass man sich das ja gar nicht zu fragen braucht, weil im Zug oder auf der Parkbank jemand neben einem sitzt, der oder die meint, lautstarke Telefonate führen zu müssen, die man auch noch Wort für Wort mitbekommt, wenn die Person drei Meter weg sitzt. Das sind dann oft Kommunikationsopfer, die es gar nicht mehr ertragen können, mal dreißig oder auch nur fünf Minuten auf sich allein zurück geworfen zu sein, mal mit niemandem zu sprechen.

Da gibt’s dann Leute wie jene Frau von vor ein paar Tagen, die auf einer Bank saß und eine Freundin nach dem anderen Freund anrief. Und mit denen in einer Lautstärke telefonierte, dass man gar nicht anders konnte als mitzuhören. Die Themen waren dann auch schön privat wie etwa: „Wenn die Aids hätte, wüsste es doch eh jeder…Nee, nee, die hat kein Aids, das war jetzt nur so ein Beispiel.“

Ein ähnliches Phänomen kann man als Zugfahrer regelmäßig beobachten: Menschen, die, kaum dass sie eingestiegen sind, ihr Handy aus der Tasche ziehen, um apathisch darauf zu starren, und ab und zu irgendwas einzutippen, wobei man dann bei diesen neumodischen iPhones und Surrogaten nicht weiß, ob sie gerade eine SMS abschicken wollen oder nur ihre Halluzinationen als Gedächtnisstütze verewigen. Und kurz bevor der Zug in den Hauptbahnhof einfährt, rufen sie dann noch schnell ihre Verabredung oder ihr Schatzi an: „Du, ich bin gleich da.“ Faszinierend. Wer hätte das erwartet?

Ältere Menschen wie ich erinnern sich ja noch an eine Zeit, in der es als unhöflich galt, wenn man einen Begleiter zwecks Kommunikation mit anderen, nicht anwesenden Menschen, kurz sich selbst überlassen wollte. In der man sich entschuldigte, bevor man ein Telefonat führen wollte. Heute weiß man manchmal gar nicht mehr, ob der Mensch, der einem am Tisch gegenüber sitzt oder neben einem hergeht, gerade noch mit dir spricht oder mit irgendwem telefoniert, der sich gerade per Vibrationsalarm als wichtiger positioniert hat. Wobei eine eingehende SMS oder ein Handygespräch eh grundsätzlich wichtiger zu sein scheinen als das persönliche Gespräch, das man gerade führt. Aber manchmal führen zwei sich bekannte Menschen auch gar kein Gespräch mehr, wenn sie sich treffen, sondern gehen nur nebeneinander her, während jeder mit einem jeweils anderen Menschen am Handy spricht.

Die Macht der Maschinen, der Zwang, jederzeit für jeden erreichbar zu sein, und das möglichst über alle verfügbaren Kanäle, Handy, Chat, Facebook, StudiVZ, Skype und Twitter, führt dann irgendwann dazu, dass man für persönliche Verabredungen gar nicht mehr verfügbar ist, vielleicht noch körperlich, aber schon längst nicht mehr mit vollem Bewusstsein. Wirklich erreichbar ist eigentlich auch schon fast niemand mehr, jedenfalls nicht kurzfristig und persönlich oder wenigstens telefonisch. Wenn man sich vor zehn Jahren mit jemandem verabreden wollte, rief man ihn in der Regel auf der einzigen Telefonnummer an, die derjenige hatte: dem Festnetz. Dann gab es zwei Möglichkeiten: Der Mensch war zuhause und ging ran, dann konnte man mit ihm sprechen. Oder der Mensch war nicht da und man versuchte es später noch mal. Wenn man jemandem auf einen Anrufbeantworter sprach, soweit er oder sie denn schon einen hatte, rief der Mensch meistens auch zurück – spätestens am nächsten Tag. Heute ruft fast niemand mehr zurück, weil alle denken: Wenn’s was Wichtiges ist, kann er mich ja auf dem Handy anrufen oder ’ne SMS schicken. Ein Kommunikationsversuch, der nicht unmittelbar zum Erfolg führt, hat praktisch nicht stattgefunden und endet als Phantomstimme auf irgendeinem Chip – so lange bis der Speicher gelöscht wird.

Komischerweise glaube ich nicht, dass irgendjemand sich jetzt öfter mit seinen Freunden trifft als früher. Man braucht nur mehr vorbereitende Kommunikationsakte, um überhaupt zu derselben Anzahl von Treffen zu gelangen. Erste SMS: Was machst du heute? Antwort: Weiß nicht, und du? Zweite SMS: Sollen wir uns treffen? Antwort: Wo? Dritte SMS: daundda. Antwort: Wann denn? Vierte SMS: Um acht? Antwort: Lieber um neun. Fünfte SMS: Ok. Antwort: Ach scheiße, ich kann heute gar nicht. Lass morgen mal simsen. Alles Liebe! Sechste SMS: Ok, bis dann. Erinnert sich noch irgendwer an die Zeiten, in denen man einfach unangemeldet bei Freunden an der Tür klingelte, wenn man in der Nähe war? Heute fällt sowas wohl unter die Kategorie unhöflich bis unverschämt.

Im Augenblick leben kann auch fast niemand mehr. Das sieht man an den Konzertbesuchern, die ihre Lieblingsbands lieber abfilmen oder fotografieren statt sich ihren Songs, dem Liveerlebnis und dem Gefühlseindruck des Augenblicks hinzugeben. Da ist die Konserve wichtiger, die man sich dann zuhause eh nie wieder anguckt (von der technischen Qualität mal ganz zu schweigen). Aber man kann den Schrott ja noch bei YouTube hochladen und aller Welt so beweisen: Hey, ich war da!

Die andere Seite der Medaille ist dann, dass man sich mies fühlt, wenn man nicht ständig unterwegs angerufen oder angesimst wird. „Kein Schwein ruft mich an“ hoch drei sozusagen. Nicht nur das Telefon zuhause schweigt, sondern auch Handy, Skype und die Kommentarleiste im Blog. Dann ist man auch ein Kommunikationsopfer geworden, aber eines von mangelnder Kommunikation. Weil es in einer Welt, in der alle global vernetzt sind, eher schwieriger als einfacher geworden ist, Freunde um die nächste Ecke zu finden.

Wenn „urban“ den Widerspruch bezeichnet, dass man in der Stadt von unendlich vielen potentiellen Kommunikationspartnern umgeben ist, tatsächlich aber leichter als anderswo in totale Isolation geraten kann, weil niemand erwartet, dass man ihn oder sie tatsächlich anspricht oder kontaktiert („Aus der Nachbarswohnung riecht’s so komisch, wo der wohl seit Monaten ist?“), dann möchte ich die Auswüchse von Handy, Internet & Co. als urbane Kommunikation bezeichnen oder als kommunikative Urbanität. Irgendwann ist dann jedes dieser Kommunikationsopfer vielleicht wirklich ein geschlossenes System, das nur noch über digitale Datenverbindungen Kontakt zur Außenwelt aufnimmt, wie in Houellebecqs „Die Möglichkeit einer Insel“. Hoffentlich haben sie dann wenigstens auch einen Hund als treuen Freund bei sich.

Passend zur Novemberstimmung

Veröffentlicht: 2. November 2009 in Aus der Praxis, Online
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Sehe gerade, dass noch andere Agenturen außer dem epd auf die Idee gekommen sind, zu Allerheiligen was zum Thema „Trauern im Internet“ zu machen. Wenn ihr schon immer mal wissen wolltet, was mit eurem Facebook-Profil passiert, wenn ihr morgen unters Auto kommt, findet ihr u.a. hier meinen Artikel, der sich auch mit Gedenkportalen im Netz beschäftigt.