Seit Ehapa 1999 das kriselnde Yps von Gruner + Jahr gekauft hat, hat man viel mit dem Comicheftklassiker herumexperimentiert: erst heruntergewirtschaftet und nach gut einem Jahr eingestellt, 2005/06 einen ersten Relaunchversuch gestartet, zum zweiten Mal eingestellt – und nun versucht der Verlag es mit einem völlig neuen Konzept noch einmal. Heute liegt also Yps mit Gimmick 1258 an den Kiosken und es sieht komplett anders aus als alle seine Vorgänger.
Statt an die Kinder von heute wendet sich das neue Yps an die Kinder von damals, also an die, die in den 70ern und 80ern mit dem Magazin aufgewachsen sind. Denn Yps ist seit Jahren ohnehin ein Retro-Phänomen geworden wie MacGyver und der C64 (beide kommen dann sinnigerweise auch im neuen Heft vor). Ehapa appelliert mit dem neuen Testballon folgerichtig an die nostalgischen Gefühle der Altleser. In ironischer Anlehnung an Neon prangt auf dem Cover der abgewandelte Slogan „Eigentlich sind wir doch schon erwachsen!“. Ansonsten wirkt das Cover, das ganz ohne richtiges Titelbild und fast ohne Comicbezug auskommt, reichlich überladen und ziemlich spröde: Auf schwarzem Hintergrund werden kreuz und quer Themen aus dem Inhalt angepriesen. In der Ecke klebt dann noch das unvermeidliche Gimmick: die Urzeitkrebse samt Futter, die anscheinend bei keinem Relaunch fehlen dürfen.
Das Heft beginnt dann mit einer nostalgischen Strecke, die an das alte Yps und seine Leser erinnert: Auf vier Seiten gibt es einen informativen Rückblick auf die Geschichte des Magazins, danach Fotoeinsendungen alter Leser nach dem Motto „Vorher – nachher“, besonders gelungen ist eine Aufnahme einer Tanne aus einem Heft von 1981, die ihren Pflanzer inzwischen ums Fünffache überragt. Natürlich dürfen auch die unvermeidlichen Promis nicht fehlen, die zu ihren Yps-Erinnerungen befragt wurden. Insgesamt ein unterhaltsamer Einstieg ins Heft.
Ein echter Höhepunkt hätte das Interview mit dem langjährigen „Yinni und Yan“-Zeichner Heinz Körner werden können, leider zeigte der sich aber sehr wortkarg. Trotzdem lesenswert. Danach folgen einige neue (Kurz-)Comics, wovon der norwegische Familienstrip „Pondus“ und die neue Albenserie „Zombillenium“ überzeugen können. Im Anschluss folgt der Reportageteil: ein wenig informativer, aber angemessen launig geschriebener Artikel zur Frage, wie man als ehemaliger Yps-Geheimagent doch noch im richtigen Leben Spion werden kann, eine Reportage über die Suche nach Dinosaurierfossilien, ein Buchauszug eines echten Abenteurers und ein Rückblick auf den in den 80ern tobenden Kampf zwischen Spielkonsolen und Heimcomputern um die Vormachtstellung in den Kinderzimmern. Alles nicht weltbewegend, aber durchaus angenehm zu lesen. Überflüssig wirken hingegen die nun folgenden Fotostrecken mit Autos aus den 70ern/80ern und ihren heutigen Nachfolgemodellen sowie mit Zaubertricks. Auch die Modestrecke mit Yps, Kasper, Patsch und Willy hätte es nicht gebraucht, letztere sind aber wenigstens nett gezeichnet und wecken so noch einmal nostalgische Gefühle.
Wie natürlich auch die abschließende Comicstrecke mit Nachdrucken von Originalgeschichten aus dem alten Yps. Endlich hat es dabei auch das Yps-Fernsehteam „Yinni und Yan“ wieder ins Heft geschafft, der vielleicht größte Yps-Klassiker überhaupt. Die Serie war von Anfang an und bis kurz vor Schluss in (fast) jedem Heft vertreten und ist ohnehin ein zu Unrecht vergessener Schatz der deutschen Comicgeschichte. Die hier abgedruckte Episode aus der Hochphase der Serie (bevor Körner gezwungen wurde, seinen Zeichenstil immer mehr zu verkindlichen) gehört zwar nicht zu den besten, ist aber trotzdem sehr nett. Auch Peter Wiechmanns realistisch angelegter „Hombre“ kann in einer monochromatischen (braun-weißen) Fassung überzeugen.
Insgesamt hat die neue Redaktion vieles richtig gemacht: Die Comicauswahl ist wesentlich gelungener als beim letzten Relaunchversuch, sowohl die Klassiker als auch die Neuvorstellungen. In Artikeln und Rückblicken werden angenehme Kindheitserinnerungen geweckt, ohne dass man sich selbst und seine Generation zu ernst nehmen würde. Wirkten die vier Testausgaben von 2005/06 irgendwie lieblos zusammengeschustert, hat man diesmal offenkundig wesentlich mehr Gedanken und auch Liebe in das Heft einfließen lassen. Es reicht halt nicht, ein dünnes Heftchen mit einer neu gezeichneten Comicseite, ein, zwei kurzen Nachdrucken und ein paar willkürlich ausgewählten „modernen“ Einseitern zu füllen und auf den restlichen Seiten ein paar Wissensinfohäppchen zu präsentieren wie 2005 und dann zu hoffen, dass der Nostalgiefaktor alleine das Ding schon zu einem Selbstläufer machen wird. Zumal eine Kinderzeitschrift mit Nostalgiefaktor schon ein Widerspruch in sich ist, da den Kids von heute die Marke Yps überhaupt nichts mehr sagen wird.
Insofern ist die Neuausrichtung auf erwachsene Leser konsequent und wahrscheinlich die letzte Chance, das Magazin noch einmal dauerhaft zu etablieren. Die Frage ist nur, ob sich genügend groß gewordene Kindsköpfe oder im Herzen Kind gebliebene Erwachsene finden werden, die bereit sind, für ihre Jugenderinnerungen regelmäßig den doch recht hohen Coverpreis von 5,90 Euro zu bezahlen. Für die Zielgruppe der erwachsenen Comicleser ist der Comicanteil dann mit 25 von 100 Seiten doch zu gering und ob diejenigen, die mit Comics nicht mehr viel am Hut haben, für ein Retro-Lifestylemagazin mit Comicanteil knapp 6 Euro hinlegen wollen, bleibt fraglich. Das neue Yps konkurriert am Kiosk jedenfalls nicht mehr mit der Micky Maus und auch nicht mit dem schon vor 13 Jahren erfolgreich wiederbelebten ZACK, sondern mit anderen Nostalgiemagazinen wie „Kult“. Und der schnelle Tod von „Retro“ hat gezeigt, dass Nostalgie alleine für eine erfolgreiche Zeitschrift eben doch nicht reicht. Sollte Yps tatsächlich die Nr. 1259 erleben, wären ein größerer Comicanteil, etwas tiefgründigere Reportagen und dafür weniger Produktvorstellungen wünschenswert. Dann lasse ich mir mit dem endgültigen Erwachsenwerden vielleicht doch noch etwas Zeit.