Mit ‘TEMPO’ getaggte Beiträge

In einem Radiobeitrag im „Zündfunk“ wurde sie diese Woche schon als neue TEMPO angekündigt, die deutsche Ausgabe von Andy Warhols legendärem „Interview“-Magazin. Im Gegensatz zu Meedia finde ich 6 Euro für 260 überformatige Seiten auch nicht „happig“, eher habe ich mich gefragt, wie sich das zu dem Preis finanzieren lässt. Die Antwort findet man, sobald man anfängt, das „Heft“ durch zu blättern: Schon nach etwas mehr als 50 Seiten findet sich der erste redaktionelle Beitrag, davor endlose Werbung. Von den Themen interessierte mich spontan ein einziges: Chloe Sevigny erzählt im Interview mit Sonic Youths Kim Gordon über ihre neue TV-Serie. Ansonsten die üblichen Sternchen allenthalben, und wenn ein Vorspann damit anfängt, dass Woody Allen Scarlett Johannson für die attraktivste Schauspielerin seit Marilyn Monroe hält, hätte ich schon keine Lust mehr, weiter zu lesen (ok, hätte ich bei der Dame ohnehin nicht).

Auf den ersten Blick wirkte das am Kiosk auf mich wie ein Magazin, auf das niemand gewartet hat. Jedenfalls nicht in dieser Form. Der TEMPO-Vergleich geht ja schon deshalb völlig in die Irre, weil die eben nie ein reines Promi-Lifestyle-Magazin war, sondern diese Themen mit ernsthaften Politik-Reportagen und soziokulturellen Essays mischte. Der Vergleich „frühe MAX“, den Meedia bringt, ist recht zutreffend: viele große Fotos von gut gekleideten hippen Menschen, wenig Gehalt. Die MAX war ja damit auch so wenig erfolgreich, dass sie in den nächsten Jahren ihr Konzept gefühlte fünf Mal völlig über den Haufen warf – was ihr am Ende auch nichts nützte. Mal sehen, wie lange „Interview“ durch hält.

R.I.P. Marc Fischer

Veröffentlicht: 17. Juni 2011 in Print
Schlagwörter:, , ,

Ok, ist schon über zwei Monate her, aber ich hab’s tatsächlich erst gerade mitgekriegt: Im April starb Marc Fischer, einer der deutschen „New Journalists“ aus der „Generation Tempo“, der in den vergangenen Jahren u.a. für DUMMY schrieb. Aus dem „Spiegel“:

„Inspiriert vom New Journalism eines Gay Talese stieg Fischer sehr jung Mitte der neunziger Jahre beim Monatsmagazin „Tempo“ zum Star auf. Danach hätte er sich bei den etablierten Medien einen Schreibtisch aussuchen können, aber er streifte weiterhin durch die entlegenen Ecken der Welt, immer auf der Jagd nach Geschichten, getrieben von einer Sehnsucht nach einer gebrochenen Schönheit, die ihm wichtiger war als ein regelmäßiges Monatsgehalt.“

Aus dem Nachruf bei Spiegel Online:

Doch nie wieder gingen die Strömungen der Zeit, die Möglichkeiten, die eine Redaktion ihm einräumte, und Fischers unbestreitbares Talent so glücklich zusammen wie bei „Tempo“.

Und hier einer seiner letzten Texte. Schade.

(via)

„Das Wort ICH hat mit eitel und uneitel nichts zu tun. Es gibt gänzlich uneitle Ich-Schreiber, und es gibt Texte, bei denen der Autor nicht ein einziges Mal ich sagt, und trotzdem tropft die Eitelkeit aus den Zeilen wie ranziges Fett.“

Ein Satz, den sich Wolf Schneider mal hinter die Ohren schreiben sollte. Der „Freitag“ bringt diese Woche eine Leseprobe aus dem neuen Buch des wunderbaren Helge Timmerberg: eine Begegnung mit seinem damaligen Vorbild Hunter S. Thompson aus den wilden 80ern, als „Tempo“-Volontärinnen noch Gefahr liefen, von durchgeknallten Gonzo-Journalisten ungewollt unter LSD gesetzt zu werden.

Es gibt mal wieder ein neues Lifestyle-Magazin in Deutschland: FACES. So neu ist es allerdings gar nicht, denn es ist die deutsche Ausgabe einer Schweizer Zeitschrift, die dort schon länger erscheint. Als ich gestern im Buchladen durch das Heft blätterte, hatte ich beim Betrachten des Inhaltsverzeichnisses ein ziemliches Déjà Vu: Nicht nur, dass es eine Reportage von Tom Kummer über Charles Manson gibt, direkt darüber wurden gleich drei Kolumnen angekündigt, die ebenfalls von ehemaligen TEMPO-Autoren stammen: Uwe Kopf, Peter Glaser und Maxim Biller. FACES hat es also tatsächlich geschafft, das alte Triumvirat der TEMPO-Kolumnisten wieder in einem Heft zu vereinigen. Damals waren die Drei auch als KGB bekannt, abgeleitet von den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen. Hinzu kommt dann noch Helge Timmerberg, der mit seinen wilden Reisereportagen in TEMPO auch als „deutscher Hunter S. Thompson“ bekannt wurde, und der in FACES eine, allerdings sehr kurze Kolumne schreibt.

Leider sind die weiteren Seiten des Heftes wesentlich uninteressanter als die ersten 40. Da geht es  nämlich hauptsächlich um Mode, Beauty und Reise, mit den üblichen Modefotostrecken und Shoppingtipps für Parfüm, Make up und Accessoires. Artikel über Film- und Popstars sind hingegen nie länger als eine Seite. Am Schluss gibt es dann noch Berichte über irgendwelche Society-Events mit Promifotos, wie man sie aus der BUNTEn kennt. Insgesamt ist das Heft eine merkwürdige Mischung aus der deutschen „Vanity Fair“, BUNTE und TEMPO. Schade, denn mit Autoren wie Kummer, Glaser, Biller und Timmerberg hätte ich echt auf ein insgesamt interessanteres Magazin gehofft.

Immerhin kann man die komplette Ausgabe (sowie die Back Issues) kostenlos als E-Paper im Netz lesen, sogar mit zusätzlichen Videos, die in die Seiten eingebaut sind (wobei die Biller-Kolumne sowie eine Contributors-Seite, auf der die fünf Ex-TEMPO-Mitarbeiter kurz vorgestellt werden, komischerweise fehlen). Vor allem die Kummer-Reportage über einen Besuch bei Charles Manson im Knast ist absolut lesenswert: typischer Kummer eben.

Meine erste Lieblingszeitschrift: Die erste Siehste von 1979  Foto: Springer Verlag

Meine erste Lieblingszeitschrift: "Siehste" von 1979 Foto: Springer Verlag

Die erste Zeitschrift, die ich regelmäßig gelesen habe, war, wenn ich mich recht erinnere, die „Siehste„. Das war so eine Fernsehzeitschrift speziell für Kinder von der „Hörzu“. Die erschien 1979 etwa ein Jahr lang; ich war damals vier (fragt nicht, wieso ich da überhaupt schon lesen konnte). Nach einem knappen Jahr wurde sie wieder eingestellt, das Maskottchen Holly Zolly, eine Art Wurm, dessen Kopf aus dem „Hörzu“-Logo entwickelt worden war, tummelte sich danach noch einige Jahre auf der Kinderseite der „Hörzu“, die wir später auch im Haus hatten. Die alten „Siehste“s, inzwischen 30 Jahre alt und völlig zerfleddert, liegen immer noch in meinem ehemaligen Kinderzimmer. Durch meine spätere Kindheit begleiteten mich vor allem „Yps mit Gimmick“ und die „Micky Maus“ regelmäßig, teilweise auch „Fix & Foxi“. Manchmal trauere ich den alten Zeiten nach, wo es jede Woche am Kiosk drei bunte Zeitschriften gab, die mich begeisterten, und das für ein paar Mark. Die wenigen Zeitschriften, die ich mir heute noch regelmäßig kaufe, erscheinen alle drei Monate bis unregelmäßig, sind schweineteuer und meist nur im Bahnhofsbuchladen zu bekommen.

Ja, die „Bravo“ habe ich auch irgendwann mal ’ne Zeit lang gekauft, ist ja quasi unvermeidlich (oder war es zumindest damals, heute brauchen die Kids dank Internet und Viva die wohl nicht mehr so dringend). Mit 14 hörte ich damit aber wieder auf. Ungefähr zur gleichen Zeit las ich auch die „ASM – Aktueller Software Markt“, die erste deutsche Zeitschrift, die ausschließlich über Computerspiele (und selten über andere Software) schrieb. Als nächstes stieß ich auf den „Musikexpress/Sounds“, den ich mit 15/16 wohl so 1 1/2 Jahre jeden Monat kaufte, kurz darauf kamen dann die beiden Lifestyle- (oder Zeitgeist-, wie man damals sagte) Magazine „Tempo“ und „Wiener“ dazu. „Tempo“ würde ich wahrscheinlich heute noch zu meiner All Time-Lieblingszeitschrift erklären. 1993 wurde ich konservativ und stieg auf etabliertere politische Magazine um, hauptsächlich auf den „Spiegel“, den ich allerdings nur sporadisch las. Außerdem hatte ich ein Comicfachmagazin abonniert, „RRAAH“ aus dem comicplus-Verlag, inzwischen auch längst eingestellt, ebenso wie die „Comic Speedline“, die ich später bis zur Einstellung las. Ende 1994 wurde der deutsche „Rolling Stone“ gegründet, der meine neue Lieblings-Musikzeitschrift wurde.

Als großer Fan (vor allem frankobelgischer) Comics stieß ich natürlich 1999 gleich auf das wiedergegründete ZACK, auch wenn ich das alte Magazin gleichen Namens in den 70ern nicht mehr wahrgenommen hatte. Später kaufte ich auch ab und zu mal die „epd Film“, die mir meistens aber doch zu teuer war und ist. Nachdem ich 1998 meinen letzten „Spiegel“ gekauft hatte, sollte es ungefähr zehn Jahre dauern, bis ich überhaupt mal wieder eine Zeitschrift ohne festes Themengebiet für mich entdeckte. „Dummy“ riss mich wirklich vom Hocker, kurz darauf kam dann noch „Liebling“ hinzu, bei dem mich vor allem die optische Seite fasziniert.

Im Vergleich zu früher bin ich heute ein eher sporadischer Zeitschriftenleser. Außer „Dummy“ und „Liebling“, die beide extrem selten erscheinen, kaufe ich kein Magazin mehr regelmäßig, also blind jede Ausgabe. Wenn mich die Themenmischung anspricht, kaufe ich mir mal eine Film-, Musik- oder Comicfachzeitschrift, aber es gibt keine, auf die ich jeden Monat gespannt warten würde. Wahrscheinlich gehört es einfach zur Kindheit und Jugend, dass man da begeisterungsfähiger war, jede Woche oder jedes Monatsende zum Kiosk  gelaufen ist, um sich das neue „Yps“ oder die neue „Tempo“ zu holen und ja kein Heft verpassen wollte.

Die meisten Zeitschriften, die ich mal eine Zeit lang regelmäßig las, wurden früher oder später eingestellt. An anderen verlor ich altersbedingt das Interesse. In die „Micky Maus“ gucke ich gerne noch, wenn sie irgendwo ausliegt (Z.B. neulich beim Arzt, die Alternative waren allerdings auch lauter Frauenzeitschriften), von der „Yps“ habe ich aus Nostalgiegründen vor einigen Jahren zwei der vier Relaunch-Versuchshefte gekauft. Der alte Zauber stellt(e) sich natürlich nicht wieder ein. Wirklich nachtrauern tu ich vor allem der „Tempo“. Wenn sich hier der Jahreszeiten-Verlag noch mal erbarmen und Markus Peichl ein paar Hunderttausend Euro in die Hand drücken würde, wär das ein Jubeltag für mich. Ansonsten bleiben vor allem nostalgische Erinnerungen an gedruckte Blätter, die einem so viele schöne Stunden bereitet haben.

„Ich steh auf Berlin“

Veröffentlicht: 25. März 2009 in Online, Print
Schlagwörter:, , ,

„Die Geschichten, die man sich davon erzählt, … handeln von Menschen, die sich oft tagelang in den Katakomben des Klubs herumgetrieben haben, in allen möglichen Aggregatzuständen. Sie handeln von Zombies, Wirren, Irren. Einige gingen heterosexuell rein und kamen schwul wieder heraus, bei anderen war es umgekehrt. Es sind Fegefeuergeschichten, die das Berghain erzählt.“

Marc Fischer (war der nicht auch mal bei TEMPO?) groß in Form, in einer Geschichte über die Schlange vor Berlins angesagtestem Klub im neuen „DUMMY Berlin“. Eine klassische New Journalism-Geschichte deutscher Prägung, bei der man nicht so recht weiß, wieviel Prozent davon wahr sind und wieviel der dichterischen Freiheit geschuldet. Was aber auch egal ist, weil sie sich wunderbar liest. Und an keiner Stelle behauptet wird, dass das nun Anspruch auf besondere Authetizität erhebt („Geschichten, die man sich erzählt“, „… der es selber erzählt bekommen hat, von einem, der es von einem erzählt bekommen hat, der wirklich dagewesen sein soll und seitdem ein anderer geworden sei, besser, sagen alle.“).

Das neue DUMMY ist mal wieder wunderbar geworden, mit schönen Storys über interessante und alltägliche Themen aus der Hauptstadt, und diesmal komplett ohne Fotos, stattdessen mit stimmungsvollen Ölbildern von Edward B. Gordon, Songtexten und Gedichten über Berlin statt Bildunterschriften und besonders viel Weißflächen dazwischen. Danach möchte man eigentlich sofort nach Berlin ziehen. Wo man dann auch den DUMMY-Machern persönlich zum Heft gratulieren könnte.

Leider ist, so genial das Heft immer wieder ist, der Online-Auftritt umso mißlungener. Ein Blog, das seit vier Monaten nicht mehr befüllt wurde, und statt zweier kompletter Artikel aus dem Heft gibt es jetzt nur noch Ausschnitte. Immerhin hat die Redaktion ein hübsches Werbevideo zum neuen Heft produziert:

Überschrift: Ideal

Wie die DDR die BRD kolonisiert hat

Veröffentlicht: 24. März 2009 in Lesetipp
Schlagwörter:, ,

„Gut gehen soll es nur noch der Gemeinschaft, die in der DDR Kollektiv hieß, diesem grauen, amorphen Konstrukt, das von der Obrigkeit besonders einfach gesteuert werden kann. Wer er selbst ist und bleiben will, wer in einer Partei, einem Verlag, einer Bank eine eigene Idee entwickeln und verfolgen will, wer nicht jeden Tag mit den Kollegen zum Mittagessen geht, wer in seinen Leitartikeln grundsätzlich die Welt der anderen in Frage stellt, wer nicht für das Sparen von Energie, für Urlaub in Thailand und für die deutsche Fußball-, Handball- und Eishockeymannschaft ist, gehört nicht dazu, der steht außerhalb, der wird nicht angehört, der bekommt Depressionen oder Fernweh.“

Maxim Biller is back, und er hat nichts von seiner Bissigkeit verloren. Mit Schaum vorm Mund wettert er gegen die alte DDR-Mentalität, die sich nach der Vereinigung auf die alte BRD ausgeweitet hätte. Auch wenn er mit seinen Beispielen öfter danebenliegt und wie früher in seiner TEMPO-Kolumne mit unhaltbaren Pauschalisierungen nur so um sich wirft: Ich mag diese Zorniger-Alter-Mann-Attitüde. Und was den neuen Nationalismus, Obrigkeits- und Vereinheitlichungswahn angeht, hat er sicher im Wesentlichen Recht.

(via)

Menschen, die schon mein altes Blog kennen, wissen wahrscheinlich, dass ich ein Anhänger des New Journalism bin. Allerdings eher in seiner deutschsprachigen Ausprägung, denn von den amerikanischen Autoren kenne ich zu wenig, um das wirklich beurteilen zu können. In Deutschland war es vor allem die leider schon lange verblichene Zeitschrift TEMPO, die diesen Schreibstil adaptierte. Mein Gott, was hat dieses Magazin für hervorragende Autoren hervorgebracht: u.a. und vor allem Maxim Biller, Peter Glaser, Tom Kummer…und Helge Timmerberg.

Timmerberg ist ein absoluter Outsider und Einzelgänger des deutschen Journalismus. Damit ist er allerdings ziemlich gut bzw. erfolgreich gefahren, denn er nach seiner Zeit bei TEMPO war er u.a. bei der BUNTEn gut im Geschäft (er schrieb von Marrakesch aus Meldungen für die People-Rubrik; dazu brauchte er nach eigener Aussage einen Tag pro Woche, die Bezahlung reichte aber, um die ganze Woche ein gutes Leben zu führen), schrieb für alle möglichen renommierten Zeitschriften und veröffentlicht regelmäßig Bücher.

2001 erschien ein Taschenbuch namens Tiger fressen keine Yogis. Stories von unterwegs. Es versammelt eine Auswahl seiner besten Reisereportagen und andere Artikel, die er im Laufe der Jahre für TEMPO, WIENER, BUNTE, PRINZ, Die Zeit und andere Titel geschrieben hat. Die Artikel sind immer höchst subjektiv. Egal, ob es um eine Reise durch Indien geht, Besuche in Kriegsgebieten wie dem Irak oder ob er deutsche Städte bereist, egal, ob es um Drogen geht oder um das Entlieben: Immer lässt uns Timmerberg hautnah nicht nur an seinen Erlebnissen, sondern auch an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben. Dabei ist er ein so begnadeter und unterhaltsamer Erzähler, dass das Thema des jeweiligen Artikels eigentlich völlig egal ist.

Wie sein Vorbild Hunter S. Thompson schreckt auch Timmerberg nicht davor zurück, tief in das Milieu seines Themas einzutauchen und vollen körperlichen und psychischen Einsatz zu zeigen. Bermerkenswert ist z.B. eine hier abgedruckte Zusammenstellung von Artikeln, die sich mit verschiedenen Drogen beschäftigen. Ob Kokain, LSD oder Viagra: Timmerberg hat immer interessante Erkenntnisse mitzuteilen, die fast immer auf eigenen Erfahrungen beruhen. Herrlich etwa seine „Recherchetour“ für den WIENER, bei der er die Wirkung von Viagra testen will. Obwohl er auch vor Selbstentblößung in seinen Texten nicht zurück schreckt, werden seine Stücke doch nie peinlich, sondern bleiben immer sehr klug und authentisch. Inwieweit hier die dichterische Freiheit ins Spiel kommt, ist meistens natürlich nicht so ganz klar. Es sei denn, dies ist so offensichtlich wie in der Indien-Reportage, wo Timmerberg angeblich zehn Minuten (oder länger) die Luft anhält, um einen ihn belauernden Tiger wieder loszuwerden. Ob die Reportagen nun zu 100 Prozent der „Realität“ entsprechen oder nicht, ist aber auch – wie im Grunde bei allen Vertretern des New Journalism oder Gonzo-Journalismus –  mehr oder weniger egal. Denn Ziel dieses Konzeptes ist es ja gerade, die subjektive Realität abzubilden. Wenn es dem Autor gelingt, dabei trotzdem etwas Substantielles über das Sujet seines Artikels zu vermitteln, wie es Timmerberg in nahezu jedem der hier abgedruckten Texte schafft, ist das Konzept vollständig aufgegangen.

Die ebenfalls von mir bewunderte Sybille Berg schreibt im Vorwort dieses Bandes, wenn man Timmerberg gelesen habe, sei es schwer, noch selbst etwas auch nur annähernd Gutes zu schreiben (sinngemäß).  Leider ist es auch schwer, überhaupt noch etwas ähnlich Gutes aus dem journalistischen Bereich zu lesen zu finden.