Mit ‘Urheberrecht’ getaggte Beiträge

Ein interessanter Artikel über die Konferenz „all2gethernow“ in Berlin, die der geplatzten Popkomm (auch inhaltlich) etwas entgegensetzen sollte. Einige Parteivertreter scheinen da Gedanken zum Thema Urheberrecht und Erlösmodelle für die Musikindustrie vorgetragen zu haben, die auch zur Wahlentscheidung am kommenden Sonntag beitragen können:

„Demgegenüber wollte Malte Spitz aus dem Bundesvorstand der Grünen die in Frankreich bereits praktizierte „Three-Strikes-Regelung“ als Ideallösung verkaufen, die nach dem dritten Verstoß Internetsperren fürs Runterladen nach sich zieht. Da sich das Mediennutzungsverhalten aber stark verändert habe, plädiere er zusätzlich für die Einführung einer Kulturflatrate.“

Äh, widerspricht sich das nicht? Grundsätzlich für eine Kulturflatrate zu sein, gleichzeitig aber stärkere Strafen für illegales Downloaden zu fordern, ist in etwa so, als wäre jemand grundsätzlich dafür, Prostitution zu erlauben und gleichzeitig zu fordern, bis dahin müssten Freier aber drastischer bestraft werden. Dass ausgerechnet die Grünen inzwischen härtere Strafen für Delikte fordern, bei denen außer Konzernen niemand geschädigt wird, ist auch bezeichnend.

Und was ist mit den Piraten (ich mag inzwischen ja gar nicht mehr auf denen rumhacken, die haben’s ja im Moment in der Blogosphäre echt nicht einfach)?

„Ob die Piratenpartei Musik als Kulturgut wertschätzt, ob sie überhaupt einen Kulturbegriff hat, konnten ihre Vertreter nicht erklärlich machen. Einer der Ihren, der Filmrechteanwalt Patrick Jacobshagen, forderte etwa dazu auf, das Urheberrecht zeitlich stark zu begrenzen und das Zitatrecht auszuweiten. Wer also sein Kreuz für die Piraten macht, muss sich darüber im Klaren sein, dass dann in Zukunft zum Beispiel Songs von Die Ärzte unbehelligt auf Nazidemos gespielt werden dürfen.“

Des Piraten neue Kleider

Veröffentlicht: 15. September 2009 in Online, Politik
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Abgesehen davon, dass sich mMn außerhalb der Blogosphäre sowieso so gut wie niemand für die Piratenpartei interessiert, stelle ich mir schon die Frage, warum diese neue Partei für viele junge Menschen so eine neue politische Hoffnung ist. Im Wesentlichen ist das eine Ein-Themen-Partei: Es geht um das Internet – und um Bürgerrechte, die damit in Zusammenhang stehen. Zu Sozial-, Außen- oder Arbeitsmarktpolitik findet sich in ihrem Wahlprogramm nicht einmal ein Kapitel.

Nun sagen viele ihrer Anhänger, das wäre ja nicht so schlimm. Auch die Grünen hätten ja als Ein-Thema-Partei angefangen und sich dann weiter entwickelt. Was natürlich nicht stimmt: Entgegen ihres Namens sind die Grünen eben gerade nicht nur aus der Ökologie- und Anti-AKW-Bewegung hervorgegangen, sondern auch aus der Friedens-, Frauen- und ähnlichen Bewegungen. Auch WASG und heute die Linke hatten von Anfang an noch andere Themenschwerpunkte als nur die soziale Gerechtigkeit, z.B. den Pazifismus.

Erschreckend finde ich, dass die Piraten weder einen Mindestlohn fordern, noch den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, noch eine Position zum Atomausstieg hat. Und das soll eine linke Partei sein? Tut mir Leid, ernst nehmen kann ich eine Partei, die bei solch fundamental wichtigen Zukunftsfragen keine eindeutigen Ziele verfolgt, nicht.

Und wie ist es nun um die Kernthemen der Piraten bestellt? Mehr Datenschutz? Bin ich dafür. Keine staatliche Kontrolle der Internetnutzung, keine Internet-Zensur? D’accord. Aber was ist mit dem Urheber- und Patentrecht? Die Forderungen zum Patentrecht im Wahlprogramm könnte ich so alle unterschreiben. Sie gehen aber nicht besonders weit. Im Freitag stellte ein Experte neulich die Frage, warum es überhaupt ein Patentrecht gebe, da das Urheberrecht auch für Produkterfindungen völlig ausreiche.

Und wie will die Partei nun eigentlich das Urheberrecht reformieren? Das scheint sie irgendwie selbst noch nicht so genau zu wissen. Diesen Eindruck hatte ich zumindest, als ich den entsprechenden Abschnitt in ihrem Wahlprogramm durchlas. Da werden insgesamt viele richtige Feststellungen über die derzeitige und zukünftige Lage der Musik- und ähnlicher kreativer Industrien gemacht, aber wenig Antworten gegeben, wie das Urheberrecht denn nun den neuen technischen Möglichkeiten angepasst werden soll.

Begrenzung der Verwertungsrechte auf den Zeitraum bis zum Tod des Künstlers? Ok, sicher sinnvoller als die Regelung mit den 70 Jahren. Aber es ist doch etwas wohlfeil zu schreiben, wir fordern auf, neue Geschäftsmodelle zu suchen, die den Künstlern erlauben, mit ihren Werken Geld zu verdienen. Es wäre doch wohl Aufgabe der Partei, selbst einen gesetzlichen Rahmen vorzuschlagen, innerhalb dessen eben dies möglich ist. Was ist z.B. mit der Kulturflatrate? Dazu steht auf der Webseite der Piraten nur:

„Unter anderem wird die Idee der „Kulturflatrate“ diskutiert. Zusätzlich bieten Konzerte, Fanartikel, Spenden und staatliche Kunstförderung weitere Einnahmemöglichkeiten.“

Mit anderen Worten: Die Partei scheint sich selbst noch nicht einig zu sein, ob sie eine Kulturflatrate unterstützt oder nicht. In so einer essentiellen Frage hat die selbst ernannte Internet-Partei also keine Meinung. Ein Armutszeugnis. Und das nun beispielsweise alle Künstler, die bisher von Tantiemen ihrer Plattenverkäufe und Musikdownloads leb(t)en, in Zukunft ihren Lebensunterhalt von Spenden und staatlicher Förderung bestreiten sollen, ist ja wohl ein schlechter Witz. Richten wir dann eine zentrale staatliche Förderstelle ein, die wie einstmals die Plattenfirma Amiga in der DDR entscheidet, welche Band förderungswürdig ist und welche nicht? Außerdem scheint mir das Programm in diesem Abschnitt nicht ganz schlüssig zu sein: Einerseits soll jeder Künstler selbst entscheiden dürfen, unter welcher Lizenz er seine Werke veröffentlichen will, andererseits soll jeder Bürger das Recht zum freien Kopieren aller Werke haben (auch übers Internet?). Und wenn der Künstler nicht will, dass sein Werk kostenlos kopiert und weitergegeben wird?

Hinter dem ganzen hippen Auftreten scheint scheint mir bis jetzt noch nicht allzu viel Substanz zu stecken. Von einer ernstzunehmenden politischen Alternative ist diese Partei jedenfalls noch ziemlich weit entfernt.

Noch ein absurdes Beispiel dafür, wie die FAZ bei ihren eigenen Mitarbeitern mit dem Urheberrecht umgeht.

(via)

Der Fall des Autors Thomas Hürlimann, aus dessen FAZ-Artikel der „Perlentaucher“ zitierte, hat eine Diskussion über die Verträge ausgelöst, die die FAZ ihren freien Mitarbeitern aufnötigt. Die Zeitung hatte dem Web-Portal eine Rechnung über 590 Euro geschickt, weil sie ihr Copyright wegen des Zitats verletzt sah. Daraufhin meldete sich der Autor des Artikels, eben jener Hürlimann, zu Wort, und meinte, das Copyright für seinen Artikel läge ja wohl nach wie vor bei ihm, insofern könne der „Perlentaucher“ ruhig daraus zitieren. Dann fiel dem Autor aber wieder ein, dass er 2004 einen Rahmenvertrag mit der FAZ unterschrieben hatte, der sämtliche Rechte an den für sie geschriebenen Texten an den Zeitungsverlag abtritt.

Zufälligerweise dürfte das der gleiche Vertrag sein, den ich auch mal unterschrieben habe, bevor ich als studentischer Mitarbeiter bei der Internetredaktion jener Zeitung anfing. Wolfram Schütte nennt diesen einen Knebelvertrag – zu Recht. Räumt er doch dem Verlag das „ausschließliche zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte“ Recht ein, die Artikel weiterzuverwenden, also etwa online zu veröffentlichen oder an Dritte weiter zu verkaufen. Mit anderen Worten heißt das, dass der Autor seinen eigenen Text nicht mal mehr an andere Zeitungen oder Online-Seiten weiter verkaufen kann, ohne den Verlag vorher um Erlaubnis zu fragen. Er hat nämlich schlicht und ergreifend alle Rechte an seinem eigenen geistigen Eigentum verloren. Die FAZ zeigt sich in dem Vertrag aber großzügig: „die dafür nötigen Nutzungsrechte werden wir Ihnen gerne einräumen, soweit dies die Verwertung der vorstehend eingeräumten exklusiven Nutzungsrechte nicht unbillig behindert“. Ob das der Fall ist oder nicht, entscheidet dann wohl der Verlag. Oder ein Gericht. Jedenfalls nicht der Autor, vermute ich mal sehr stark.

Ich hatte damals kein Problem, diesen Vertrag zu unterschreiben – obwohl mir diese unverhältnismäßige Rechteübertragung aufgefallen ist -, weil ich in dem Job sowieso keine eigenen Artikel schreiben sollte. Als Freier, der  Artikel zu überregionalen Themen schreibt, ist so ein Vertrag aber schlicht und ergreifend unzumutbar.

Der FAZ-Vertrag stellt sicher einen Extremfall dar, aber dass man als Freier dem Verlag das Recht zur Verbreitung seiner Artikel im Internet, in Datenbanken, Archiven etc. sowie zur Übertragung der Nutzungsrechte an Dritte automatisch erteilt, ohne im Einzelfall überhaupt noch gefragt zu werden und ohne einen zusätzlichen Cent dafür zu erhalten, ist eigentlich bei Zeitungen allgemeine Praxis. Wenn man dann seine eigenen AGB mitschickt, eben um ein solches Exklusivrecht auszuschließen, bekommt man von gut bezahlten fest angestellten Redakteuren mitgeteilt, das wäre doch eine Unverschämtheit, wenn man mit einer renommierten Zeitung wie ihrer ins Geschäft kommen möchte. Das ist halt die Klassengesellschaft im Journalismus. Wer eh schon keine Arbeitsrechte hat, braucht ja auch keine Urheberrechte mehr. Eine Wahl wird dem freien Mitarbeiter in der Regel gar nicht erst gegeben: Es stehen ja genügend andere Schlange, die sicher gerne bereit sind, zu deren Bedingungen für die angesehene Zeitung zu schreiben. Friss oder stirb.

Hier kann man nur Wolfram Schütte Recht geben: „Solange die Autoren sich nicht als Unternehmer in eigener Sache verstehen, also als Kapitalisten, und sich nicht weiterhin wie rekrutiertes Lumpenproletariat verhalten – solange ist nicht auszuschließen, dass die FAZ auch künftig ihre Leichte Kavallerie aus- & ins verhasste Perlentaucher-Reservat einrücken lässt.“

Ein Plädoyer für die Kulturflatrate

Veröffentlicht: 9. April 2009 in Lesetipp, Online
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„Eine Kulturflatrate wäre die elegantere Lösung. Sie würde mit Drohgebärden und Denunziationen aufräumen, zudem die Gerichte entlasten und einen ’schonenden Grundrechtsausgleich‘ betreiben.“

Helmut Merschmann findet im „Freitag“ fast nur Gründe, die für eine Download-Flatrate sprechen.

Glaubt man dem Konzertveranstalter Marek Lieberberg, sind die Raubkopierer und Internet-Downloader Schuld am bevorstehenden Untergang des Abendlandes. In einem Gastbeitrag in der letzten SZ-Wochenendbeilage (leider nicht online gefunden) schlug er auf so ziemlich alles ein, was mit dem Internet zu tun hat: von den illegalen Film- und Musiksaugern über den „Perlentaucher“, der angeblich das Urheberrecht breche, in dem er „die gesamte feuilletonistische Print-Tagesausbeute auf den Markt [werfe], natürlich kostenlos“ bis zu den Bloggern („einfältigen Laien .., weil jeder Narr einen Blog oder ein Video ins Netz stellen kann„). „Wenn man diesem Wahnsinn nicht Einhalt gebietet, werden Reflexionen von Web-Zombies Filme, Musik und Bücher ablösen.“

Mal abgesehen davon, dass Lieberbergs Vorwürfe teilweise einfach inhaltlich falsch sind (Soweit ich weiß, weist der „Perlentaucher“ ja nur auf Feuilleton-Artikel hin und zitiert kurz aus diesen, packt aber nicht die gesamten Artikel auf seine Webseite, wie Lieberberg unterstellt.), spricht aus seinen Zeilen auch ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis. Blogger sind alle einfältig und Narren, Journalisten und Musiker aber immer hoch intellektuelle „Dichter und Denker“. Selbst wenn es so wäre: Wieso sollen sich Laien und Narren nicht öffentlich äußern dürfen? Es zwingt ihn und uns ja niemand, das auch zu lesen. Nach Lieberbergs Argumentation müsste man auch das allgemeine Wahlrecht abschaffen, denn zu 95 Prozent besteht das Volk ja aus politischen Laien, und „einfältige Narren“ sind bestimmt auch reichlich darunter, wenn ich mal so nach den Gesprächen in der Straßenbahn urteile (oder den „Doku-Soaps“ auf RTL II).

Dann bringt Lieberberg natürlich noch das Standard-Argument gegen Raubkopierer: „Millionen potentieller Zuschauer gehen nicht mehr bis zur Kinokasse, wenn sie einen neuen Film sehen wollen.“ Das ist schlicht und einfach Quatsch. Ich sehe das genauso wie der Wortvogel, der einen lesenswerten Artikel zum Thema Raubkopien geschrieben hat (in seinem Blog! Gebenedeitseistdu!): Ich glaube einfach nicht, dass weniger Leute ins Kino gehen, weil es Raubkopien und Bittorrent gibt. Leute, die gerne ins Kino gehen, tun das auch weiterhin, wenn ein Film läuft, der sie wirklich interessiert. Sonst wären Filme wie Star Wars Ep. I-III im Kino völlig gefloppt. Daneben schaut man sich dann vielleicht den ein oder anderen Film illegal aus dem Netz an. Den man sich aber in den meisten Fällen nie im Kino angesehen oder als DVD geholt hätte, wenn man diese Möglichkeit nicht gehabt hätte. Stattdessen hätte man dann eher gewartet, bis dieser im TV gelaufen wäre. Und die Kids, die sich massenhaft Filme und Musik auf ihren Rechner saugen, ohne dass sie sich das alles jemals ansehen oder -hören könnten, haben weder das Geld noch das Interesse, sich all diese Sachen stattdessen zu kaufen. Für sie ist das eher ein Sport, ein Wettbewerb mit ihren Kumpels, wer die meisten (und neuesten) Sachen hat (Ähnlich, wie zu meiner Schulzeit damit angegeben wurde, wer wie viele C64-Spiele kopiert hat. Gespielt hat man dann doch nur die paar, die einem wirklich gefallen haben.). Der Industrie gehen dadurch also kaum Einnahmen verloren.

Statt über Kopierschutz und Strafverfolgung sollte „die Industrie“ endlich mal anfangen, über eine Anpassung ihrer Preise an die Nachfrage und die zeitgemäßen technischen Vertriebswege nachzudenken. Solange eine neue CD 17 bis 19 Euro kostet (für 45 bis 60 Minuten Musik) und eine neue DVD 15 bis 20 Euro, braucht sie sich nicht zu wundern, wenn Schüler und Studenten kaum noch ihre Produkte kaufen. Wenn man sich bei iTunes nur irgendwelche alten „Grey’s Anatomy“-Folgen, die schon längst im deutschen Free-TV liefen, für mehrere Euro herunterladen kann, während man über Bittorrent die neueste Folge einer beliebigen US-Serie spätestens einen Tag nach der US-Erstausstrahlung kostenlos bekommt, fällt den meisten Serienfans die Entscheidung wirklich einfach. Was die ganze leidige Download-Debatte angeht, gibt es im Grunde nur eine sinnvolle (und praktikable) Lösung: die Einführung einer Download-Pauschale durch die Internet-Provider. Jeder DSL-Kunde müsste dann einige Euro pro Monat zusätzlich an seinen Anbieter zahlen, die dann, ähnlich wie die GEMA es bei den Radiosendern macht, an die Rechteinhaber verteilt werden, also an Musiker, Songschreiber, Filmemacher, Autoren und Produktionsfirmen. Dafür könnte sich dann jeder Internetnutzer beliebig viele Filme, Serien, Musikstücke und Bücher herunterladen. Kulturschaffende könnten weiterhin von ihrer kreativen Arbeit leben und ihre Kunst wäre endlich frei und legal überall verfügbar. Was spricht eigentlich gegen dieses Modell? Doch wohl nur die Scheuklappen der Medienindustrie, die sich an ihre alten Geschäftsmodelle und Ton-/Bildträger klammert wie ein Schiffbrüchiger an ein Stück Holz. Während sie vom bösen, bösen Internet-Strom hinweggespült wird.