Nicht, dass es nicht reichen würde, dass derzeit sowieso die halbe Düsseldorfer Innenstadt eine Großbaustelle ist (der Hofgarten wird scheinbar komplett zugeschüttet und neu gegraben, am Übergang von der Kö in die Altstadt hat man als Fahrradfahrer schon seit einem Jahr keine Chance mehr, sein Ziel zu erreichen, weil eine riesige U-Bahnbaustelle alle Wege abschneidet, und der Bilker Bahnhof versinkt wahrscheinlich demnächst in einer Baugrube, wenn Bilfinger & Berger hier genauso geschlampt hat wie in Köln, wofür es ja schon Indizien genug gibt): In Flingern hat vor einigen Tagen mit dem B8 ein neues Einkaufszentrum eröffnet, das ein idealtypisches Beispiel für verfehlte Stadtplanung ist: Wo früher ein Promarkt und eine Teppichhalle standen, hat man nun einen riesigen Betonklotz aus dem Boden gestampft, in dem es bisher genau drei Geschäfte gibt: einen Baumarkt, einen Saturn und einen Lidl. Wobei Lidl und der Rest dann noch über jeweils verschiedene Eingänge zu erreichen sind, die ungefähr fünfhundert Meter auseinanderliegen.
Natürlich gibt es 500 kostenfreie Parkplätze, aber für Fahrradständer reichte wahrscheinlich das Geld nicht mehr – es gibt nämlich keinen einzigen. Und das in einem Stadtteil, der zu den ärmsten in Düsseldorf gehört, und in dem wahrscheinlich 40 Prozent der Leute gar kein Auto haben. Die Autofahrer kommen aber vermutlich sowieso aus anderen Stadtteilen, und zwar heute in so rauhen Mengen, dass es an der Kreuzung Erkrather/ Werdener Str. zu totalem Verkehrschaos kam. Eine Linksabbiegespur zu dem Mall-Parkplatz gibt es nämlich auch nicht. Also fuhr einfach jeder, wie er lustig war, lustige Rückstaus und Autos, die bei Rot einfach wieter über den Fußgängerüberweg fahren, inklusive. Der Saturn, der vom Kaufhof am Wehrhahn in dieses neue Gebilde gezogen ist, hat dann auch irgendwie keinen Fußgängerausgang hinter den Kassen. Man bezahlt und steht dann mitten auf dem Parkdeck. Wenn man keine Lust hat, sich eines der herumstehenden Autos zu klauen, um das Parkdeck wieder verlassen zu können, muss man sich entweder über eine Außentreppe abseilen oder wieder durch den Laden durch, den man gerade durch die Kassen verlassen hat.
Warum Saturn überhaupt meinte, von der (ehemaligen) Haupteinkaufsstraße in der Innenstadt in diesen Stadtteil ziehen zu müssen, wissen wohl nur die Oberen in deren Chefetage. Die Innenstadt geht immer mehr vor die Hunde, weil es dort kaum noch attraktive Geschäfte gibt – der Staurn war bisher eigentlich für mich der letzte Grund, überhaupt noch mal alle halbe Jahre zum Wehrhahn zu laufen -, stattdessen zerstört man alte Arbeiterviertel am Innenstadtrand mit gesichtslosen Einkaufscentren, in deren Planung Fußgänger oder Radfahrer gar nicht mehr vorkommen. Gentrifizierung nennt man sowas wohl.
Direkt hinter dem Parkplatz beginnt übrigens die bekannte Kiefernstraße. Dazwischen hat man eine Mauer gebaut, die tatsächlich wirkt wie der „antifaschistische Schutzwall“. In Berlin wollte man die Teilung überwinden, in Düsseldorf-Flingern wird sie gerade zementiert: Auf der einen Seite der Mauer die schöne neue Warenwelt des Westens, auf der anderen Seite die Häuser der Kiefern, die an dieser Stelle so wirken, als seien sie seit den 50ern nicht mehr angestrichen worden, also richtig ostig.
In Städten wie Amsterdam, Kopenhagen oder Berlin würde man ja eine authentische, originell wirkende Straße wie die Kiefernstraße mit ihrem alternativen Flair und ihren von den Hausbewohnern teilweise farbenfroh bemalten Gebäuden als Touristenattraktion vermarkten, und so versuchen, einen Imagegewinn für die Stadt durch Präsentieren von Subkultur zu erzielen. In Düsseldorf zieht man lieber einen Zaun drum und hofft, dass kein Einkäufer diese „Schmuddelecke“ wahrnimmt.
Der neue Verbund der freien Kulturszene in D’dorf, „Freiräume“, hat es auf einem Aufkleber schön zusammengefasst, worum es eigentlich in einer lebenswerten Großstadt gehen sollte: „Parks, Spielplätze und Wohnraum statt Parkplätze, Einkaufscenter und neue Bürobauten!“ In unserer schönen, CDU-regierten, schuldenfreien Stadt scheint aber für normale Menschen, die kein dickes Auto, ebensolches Bankkonto und keine Lust auf monströse Architektur haben, kein Platz zu sein.